Der älteste Leser und der Kardinal

Anekdoten
Ausgabe Nr. 40
  • Heiter bis heilig
Autor:
Kardinal Innitzer in Mariazell beim Spendensammeln für ein neues Pilgerheim.
Kardinal Innitzer in Mariazell beim Spendensammeln für ein neues Pilgerheim. ©Johann Gürer/Archiv
Die Wiener Kirchenzeitung, der SONNTAG, gibt es bereits seit 176 Jahren.
Die Wiener Kirchenzeitung, der SONNTAG, gibt es bereits seit 176 Jahren. ©Redaktion der Sonntag

Emil Knotzer ist Jahrgang 1934. In den Kriegsjahren 1944/45 versteckte sich der Waldviertler vor Bomben im Heu und entdeckte dort Kirchenzeitungen ab 1925. So wurde er, wie er sagt, zum „ältesten Kirchenzeitungsleser“.

1949 lebte er bereits in Wien und war Ministrant in der Hernalser Marienkirche, die den Redemptoristen gehört. Dort wurde er Zeuge folgender Episode mit Kardinal Theodor Innitzer, der am 9. Oktober vor 70 Jahren starb. Am Palmsonntag 1949 war um 7:00 Uhr Früh in der Marienkirche eine Priesterweihe eines Redemptoristen mit Innitzer angesetzt. Um 9:00 Uhr musste dieser allerdings schon wieder im Stephansdom zur Feier des Palmsonntags sein. Die Vorbereitungen begannen daher bereits um 6:00 Uhr. 

Unter den Mitfeiernden waren auch Traditionsvereine mit schweren Fahnen. Innitzer wurde kurz vor 7:00 Uhr erwartet, aber bereits 15 Minuten früher ertönte ein Schrei: „Der Herr Kardinal steht vor dem Kirchentor und kann nicht herein!“ Es war nämlich noch versperrt. 

Werbung

Fahnenträger und Ministranten

Blitzartig setzte sich das Empfangskomitee mit wehenden Fahnen von der Sakristei durch das Seitenschiff der Kirche im Laufschritt in Richtung Haupttor in Bewegung. Zu allem Überfluss wurde in der Hektik der Schlüssel des Haupttores nicht gefunden. Zu spät. Kardinal Innitzer war bereits durch den Seiteneingang in die Kirche eingetreten und schritt freundlich lächelnd, den zahlreichen Gläubigen den bischöflichen Segen spendend, im Mittelgang zum Hochaltar. Fahnenträger, Ministranten und die gesamte Assistenz mussten ihm unfeierlich hinterherstürmen. Innitzer huschte ein verschmitztes Lächeln übers Gesicht.

Kurz nach 8:00 Uhr war der Jungpriester geweiht und der Kardinal war pünktlich zur Feier der Palmsonntagsliturgie um 9:00 Uhr im Stephansdom.

©Wiener Domverlag

Buchtipp: Beten, Herr Pfarrer!

Weitere lustige Anekdoten finden Sie in "Beten, Herr Pfarrer!" von Bernadette Spitzer.

 

Beten, Herr Pfarrer! – Anekdoten zwischen Alltag und Altar. Von Bernadette Spitzer, 176 Seiten, ISBN: 978-3-85351-332-3, EUR 27,00 

 

Hier geht es zur Buchbestellung

Schlagwörter
Autor:
  • Bernadette Spitzer
Werbung

Neueste Beiträge

Advertorial
Advent- und Weihnachtszeit
Kunst und Kirche

Wer für Advent und Weihnachten auf der Suche nach Dingen ist, die nicht nur das Herz erfreuen, sondern auch die Sehnsucht nach Tiefe stillen, ist bei „Kunst und Kirche“, dem Fachgeschäft für religiöses Kunsthandwerk und Kultur am Stephansplatz genau richtig.

| Spiritualität
Himmel und Erde

Am 23. November erscheint es: Unser Weihnachtsmagazin 2025 mit dem Titel "Mehr Licht". Dieses Jahr steht unser "Himmel & Erde"-Magazin ganz im Zeichen des Ehrenamtes.

| Wien und Niederösterreich
Zum „Ordenstag“ in Wien

Sie sind eine der großen Ordensfamilien weltweit: die Benediktinerinnen und Benediktiner. Seit rund 1.500 Jahren orientieren sie sich an der Regel des heiligen Benedikt, des großen abendländischen Mönchsvaters. Jeremias Schröder, als Abtprimas der weltweit ranghöchste Benediktiner, im Gespräch.