Das versteckte Juwel
Spanischsprachige Pfarrgemeinden in WienZurzeit gibt es über 20.000 Spanischsprechende in Wien (von 44 Salvadoreños bis hin zu 4.500 Spaniern). Die Anzahl der Migranten mit spanischsprachigem Hintergrund variiert laut Informationen der Botschaften stark, schreibt die spanischsprachige Gemeinde „Santa María“ auf ihrer Website. Sie ist eine von vier spanischsprachigen Pfarrgemeinden in Wien:
- Spanischsprachige Gemeinde (Kirche Maria Namen, Wien 16): Seelsorger Jesús David Jaén Villalobos,
- Lateinamerikanische Gemeinde Nuestra Señora De Guadalupe (Kirche Sankt Florian, Wien 5): Seelsorger Angelo Mejia Reynoso,
- Lateinamerikanische Gemeinde Sagrada Família (Kirche Sankt Josef, Wien 2): Seelsorger Denis Cardinaux,
- Lateinamerikanische Gemeinde CEBLA (Kirche Akkonplatz, Wien 15): Seelsorger Carlos da Silva.
Die erste von vier spanischsprachigen Pfarrgemeinden in Wien wurde von Pater Gutierrez in den 60er-Jahren gegründet. Das erste Gotteshaus war die Kapelle der La-Salle-Schwestern am Rennweg in Wien-Landstraße.
Spanischsprachige Pfarrgemeinden wachsen
Auf Grund der steigenden Zahl der spanischsprachigen Gläubigen und der Vielfalt ihrer Spiritualität ist mit den Jahren die Zahl der Messbesucher und der Interessierten an spanischsprachigen Gottesdiensten gewachsen. Der SONNTAG hat daher mit Pater Jesús David Jaén Villalobos von der Pfarre Maria Namen in Wien-Ottakring und mit Pater Carlos da Silva von der Pfarre Akkonplatz in Wien-Fünfhaus gesprochen.
Zu den sonntäglichen Gottesdiensten von Jesús David Jaén Villalobos kommen im Durchschnitt 80 Gläubige. Jedes Jahr werden mehrmals Katechesen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten. Auch Erstkommunion- und Firmvorbereitung gibt es jährlich. Ehekurse und Seminare werden im Frühjahr vom Seelsorger und von Paaren der Gemeinde gehalten. Bei Pater Carlos da Silva variiert die Zahl der Gottesdienstbesucher stark, da die Pfarrgemeinde sehr international ist und viele der Mitglieder nur kurz in Wien sind.
Warum spanischsprachige Pfarrgemeinden wachsen
Die Pfarre Maria Namen ist ursprünglich als deutschsprachige Gemeinde im Jahr 1933 gegründet worden, erzählt uns Jesús Villalobos. Am 12. September 2024 feierte die Kirche (das Kirchengebäude) ihr 50-jähriges Jubiläum. Das Gebäude in der Hasnerstraße, welches in den 70er-Jahren im Stil des Brutalismus erbaut wurde, wurde in den vergangenen Jahren renoviert und erstrahlt nun in neuem Glanz. Es ist ein unscheinbarer Bau mit schönen Buntglasfenstern. Pfarrer Villalobos nennt die Kirche ein verstecktes Juwel. Im Gespräch erzählt uns Villalobos aber auch, warum seine Gemeinde stark wächst, während andere schrumpfen.
Ist die Zahl der Mitglieder in Ihrer Pfarre in den letzten fünf Jahren gestiegen?
Jesús David Jaén Villalobos: Ja. In den letzten fünf Jahren kamen 80 bis 150 Leute zu den Gottesdiensten am Sonntag. Besonders zu den Hochfesten kommen viele Menschen zu uns. Die Feste wie Ostern, Weihnachten oder Fronleichnam feiern wir gemeinsam mit allen anderen Gemeinden der Pfarre. Die polnische Gemeinde ist sehr groß bei uns. Die spanischsprachige ist auch groß. Und die österreichische Gemeinde wird gestärkt mit den beiden anderen. Sie ist geschrumpft in der letzten Zeit und ein bisschen kleiner geworden. Aber die spanischsprachige ist gewachsen. An einem Sonntag hatten wir zum Beispiel ein Konzert von dem philharmonischen chilenischen Orchester „Lantena“ und da waren über 100 Leute in der Kirche.
Bildergalerie Pfarre Maria Namen Wien-Ottakring
Können Sie sich erklären, warum die Zahl der Mitglieder im polnisch- und spanischsprachigen Bereich wächst und bei den Österreichern schrumpft?
Villalobos: Die österreichische Gemeinschaft in der Kirche wächst nicht, weil die österreichischen Familien weniger Kinder bekommen, und die meisten Österreicher steigen aus der katholischen Kirche aus. Jährlich nimmt die Zahl der österreichischen Pfarrgemeindemitglieder um 100 Menschen ab. Im Vergleich dazu gibt es nur zwei bis drei Taufen im Jahr. Die spanisch- und polnischsprachige Gemeinde wächst aber auch, da viele Menschen aus diesen Ländern zum Arbeiten nach Österreich kommen. Es gibt verschiedene Organisationen in Wien wie die UNO oder verschiedene Botschaften, die ziehen Arbeitskräfte an, es kommen aber auch viele Leute zum Studieren nach Österreich.
Die Menschen kommen aus allen Ländern
Aus welchen Ländern stammen die Menschen in Ihrer Pfarre?
Villalobos: Aus vielen Ländern. Wir haben viele Österreicher, die Spanisch sprechen. Sie kommen am Sonntag in die Messe, weil sie die spanische Sprache lieben. Und dann ist es bunt gemischt. In der letzten Zeit sind viele aus Venezuela gekommen – aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation. Wir haben einen großen Kern von Menschen aus Spanien, Venezuela, Kolumbien, Mexiko. Aber auch Menschen aus Guatemala, El Salvador – wirklich aus allen Ländern. Viele kommen auch aus Chile.
Und wie viele regelmäßige Kirchgänger haben Sie?
Villalobos: Es sind ungefähr 80 Leute, die immer kommen. Und dann sind da Touristen, Erasmus, Menschen, die für drei bis sechs Monate in Österreich arbeiten. Sie finden bei uns eine kleine Heimat, eine kleine Heimatgemeinde, in der sie auch ihren Glauben hier in Österreich leben können.
Spanischsprachige Pfarrgemeinden: Treue Linie der Botschaft des Papstes
Die Mitgliederzahl wächst. Was macht Ihre Pfarrgemeinde richtig?
Villalobos: Erstens gibt es bei mir in allen Sprachgemeinden keinen „Kirchenbeitragszwang“ – ich kontrolliere also nicht, wenn jemand zu mir in die Messe kommt, ob er wirklich den Kirchenbeitrag bezahlt hat oder nicht. Zweitens folgen wir bei unserer Liturgie treu der Linie der Botschaft des Papsts. Wir folgen auch moralisch treu der Linie unseres Bekenntnisses.
Welche Angebote gibt es in der Pfarrgemeinde neben den Messen?
Villalobos: Die Messe ist nur ein Teil. Zusätzlich haben wir eine Weiterbildung für Kinder und Jugendliche – eine Art ständige Katechese. Das Angebot ist zusätzlich zu den Vorbereitungskursen für die Erstkommunion und für die Firmung. Für die Erwachsenen bieten wir ein Neokatechumenat an. Wir pflegen aber auch so die Gemeinschaft. Wir begrüßen am Ende der Messe die Neuankömmlinge. Ich rede nach der Messe auch immer mit den Leuten. Es gibt jeden zweiten Sonntag eine Anbetung nach der Messe. Natürlich bieten wir auch immer die Gelegenheit für Gespräche und die Beichte. Es gibt auch die Möglichkeit, nach der Messe zu einer Jause ins Pfarrcafé zu kommen. Die Menschen können bleiben und können gemeinsam mittagessen oder Geburtstage feiern. Bei uns gibt es einfach ein Teilen. Das Essen wird nicht vorbereitet und verkauft, sondern die Menschen bringen einfach etwas mit und teilen.
Spanischsprachige Pfarrgemeinde: Die Reaktion auf Papst Franziskus
Wie haben die Mitglieder Ihrer Pfarrgemeinde zuerst auf die Wahl von Papst Franziskus und danach auf Papst Leo XIV. reagiert?
Villalobos: Es war sehr überraschend, dass es einen Papst aus Argentinien gab. Es war eine Überraschung, die die Menschen sehr gefreut hat. Die südamerikanischen und spanischsprachigen Menschen sind sehr papsttreu und sehr klerikal eingestellt. Als Franziskus Papst wurde, hat sich die Beziehung verändert. Er ist eine echte Vaterfigur für viele geworden. Auf ihn hat man gehört, ihm konnte man vertrauen. Das Vertrauen in das Amt ist gewachsen. Als Leo gewählt wurde, hat er in einer seiner ersten Reden Spanisch gesprochen, das hat sich Papst Franziskus nicht getraut. Das war sehr interessant. Die Freude bei den spanischsprachigen Menschen war sehr groß – besonders bei den Peruanern.
Welche Herausforderungen haben Sie in Ihrer Pfarre?
Villalobos: Wir sind eine glückliche Gemeinde. Wir sind zufrieden. Es gibt Schwierigkeiten. Es gibt Probleme. Aber durch diese einen Weg zu leiten, das ist meine Arbeit. Für mich ist es das Schönste, wenn ich sehe, dass die Leute zufrieden sind. Wenn die Leute mit ihren Problemen zu mir kommen können und dann erlöst sind von ihrem Kummer, auch wenn die Probleme dann noch da sind. Aber nicht der Kummer, die Sorgen, die Traurigkeit. Das ist es, was mich an meinem Job glücklich macht.
Was wünschen Sie sich für Ihre Pfarre in der Zukunft?
Villalobos: (Lacht.) Einen besseren Priester als mich und eine gute Zukunft. Dass die Gemeinde weiterwächst.
Warum einen besseren Priester?
Villalobos: Einen Priester wie Papst Franziskus. Er hat nicht viel gemacht, aber er hat die Leute begeistert und Begeisterung für die Kirche im Allgemeinen geweckt.
Die Pfarre am Akkonplatz ist sehr international
Pfarrer Carlos da Silva stammt selbst aus Brasilien und begleitet seit etwa vier Jahren die lateinamerikanische Gemeinde am Akkonplatz in Wien-Fünfhaus. Zu seinen Gottesdiensten kommen zwischen 35 und 80 Personen. Da Silva wohnt in Maria Enzersdorf und gehört zu den Steyler Missionaren. Er erzählt dem SONNTAG über seine Arbeit als Pfarrer der Pfarre Akkonplatz.
Spanischsprachige Pfarrgemeinden am Akkonplatz
Woher kommen die Gläubigen der Pfarre Akkonplatz?
Carlos da Silva: Die meisten sind aus Argentinien, Nicaragua, Venezuela, Kolumbien, Costa Rica und El Salvador. Ab und zu kommen auch Menschen aus Brasilien.
Ist Ihre Gemeinde in den letzten fünf Jahren gewachsen?
Da Silva: Mein Mitbruder, der fast zwanzig Jahre die Gemeinde geleitet hatte, war sehr krank – weshalb die Gottesdienste nicht regelmäßig stattfanden. In den letzten vier Jahren konnte ich regelmäßig Gottesdienste halten und dadurch hat sich die Mitgliederzahl in unserer Gemeinde stabilisiert. Es sind rund 35 Personen, die der Gemeinde zugehören.
Projekte rund um Laudato Si'
Wie hat man in Ihrer Pfarrgemeinde damals darauf reagiert, als es mit Papst Franziskus einen Papst aus Lateinamerika gab?
Da Silva: Es war eine große Freude. Vor allem die Menschen aus Argentinien haben ihn immer als ihren Papst gesehen. Wir haben auch eine Projektgruppe zum Thema „Laudato Si'“ in unserer Gemeinde.
Haben Sie da konkrete Projekte?
Da Silva: Wir recyclen Dinge wie Plastik und reduzieren so den Plastikmüll in unserer Gemeinde. Bei der Agape nach dem Gottesdienst bringen die Mitglieder Essen mit und wir teilen es. Eines unserer Mitglieder aus El Salvador hat Ökologie studiert und dazu auch schon Vorträge in unserer Pfarrgemeinde gehalten. Aber ein fixes Projekt haben wir nicht.
Bildergalerie Pfarre am Akkonplatz in Wien-Fünfhaus
Haben Sie in Ihrer Pfarrgemeinde auch Angebote wie eine Sonntagsschule?
Da Silva: Nein, da wir eine sehr verteilte Gemeinde sind. Es sind nicht immer alle Mitglieder da und die meisten wohnen weiter weg vom Akkonplatz. Nicht alle leben im 15. Bezirk in Wien. Unser Pfarrgemeinderat besteht aus acht Personen und wir treffen uns zwei- bis dreimal im Jahr. Dann haben wir mehr Raum für Gespräche.
Spanischsprachige Pfarrgemeinden: Reaktionen auf Papst Leo
Wie hat Ihre Gemeinde darauf reagiert, als Papst Leo gewählt wurde, der auch eine Zeit lang in Peru gelebt hat?
Da Silva: Die Leute haben sich gefreut, dass wieder jemand Papst ist, der einen Bezug zu Lateinamerika hat. Wir haben auch zwei Mitglieder, die aus Peru stammen.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrer Pfarrgemeinde?
Da Silva: Im Oktober feiern wir als Pfarrgemeinde unser 35. Jubiläum. Wir haben einige Menschen, die seit Beginn in unserer Gemeinde dabei sind. Einige sind wieder bei uns oder kommen zurück. Manche Leute kommen zum Studieren nach Wien und kehren dann wieder in die Heimat zurück. Die Schwierigkeit ist aber, dass es immer ein Kommen und Gehen ist. Die Kontinuität fehlt etwas. Wir haben fünf Personen, die von Anfang an dabei sind, und die tragen diese Gemeinschaft weiter. Es gibt auch eine große Offenheit: Wenn jemand Neues kommt, wird er gut aufgenommen.
Was würden Sie sich für Ihre Pfarre in Zukunft wünschen?
Da Silva: Ich würde mir wünschen, dass Familien mit Kindern und Jugendliche mehr teilnehmen können. Wir haben manchmal Taufen, aber es gibt keine Erstkommunionen bei uns. Ich sage den Eltern immer, dass es besser ist, dass die Kinder die Erstkommunion in der Pfarre machen, in der sie in die Schule gehen, denn wir haben in der Pfarre oft nur zwei bis drei Kinder und bieten daher keine Vorbereitung für die Erstkommunion an.

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Wann feierte die Kirche Maria Namen ihr 50-jähriges Bestehen?
A) 12. September 2024
B) 25. Oktober 2024
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