Augustinus: Der Theologe mit dem unruhigen Herzen

Der Denker
Ausgabe Nr. 3
  • Theologie
Autor:
Der heilige Augustinus in einem Gemälde von Antonio Rodríguez.
Der heilige Augustinus in einem Gemälde von Antonio Rodríguez. ©Wikimedia Commons

Er ist einer der größten Theologen des christlichen Abendlandes: der heilige Augustinus. Von 395 bis 430 wirkt er als Bischof von Hippo (heute: Annaba an der Küste Algeriens), in diesen ­Jahrzehnten immer besorgt um seine ihm anvertraute Herde.

Noch 1970 sagte Papst Paul VI. über den heiligen Augustinus: „Man kann sagen, dass das gesamte Denken der Antike in seinem Werk zusammenfließt und von ihm Denkströmungen ausgehen, die die gesamte Lehrtradition der nachfolgenden Jahrhunderte durchdringen.“ Augustinus ist schließlich jener Kirchenvater der ersten christlichen Jahrhunderte, der – neudeutsch formuliert – damals am meisten publiziert hat. 

„Liebe, und was du willst, das tu!

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Augustinus: Theater und Philosophie

Am 13. November 354 erblickt Augustinus in Thagaste (in der Provinz Numidien im römischen Afrika) das Licht der Welt. Der Vater ist Heide, die Mutter eine leidenschaftliche Christin. Als Kind lernt er von seiner Mutter Monika den katholischen Glauben kennen. Wenngleich Augustinus von Kindheit an Jesus liebt, so entfernt er sich doch – wie auch heute viele Jugendliche – immer mehr vom kirchlichen Glauben. Er ist ein Freund der Freuden des Lebens, er hat Liebschaften und er mag Theater und andere Zerstreuungen. Augustinus studiert Grammatik und Rhetorik und liest in Karthago zum ersten Mal den „Hortensius“, eine später verlorengegangene Schrift des Politikers und Philosophen Cicero. Der „Hortensius“ bestärkt seine Liebe zur Weisheit. Augustinus beginnt auch die Bibel zu lesen, ist aber tief enttäuscht, weil ihn Themen wie Kriege und Gewalt eher abstoßen.

"Nur die Liebe macht den Menschen zu dem, was er liebt: Die Liebe zum Guten macht ihn gut, die Liebe zum Bösen macht ihn bös."

Daher sucht er weiter nach einer Religion, die seiner Sehnsucht nach Jesus und nach der Wahrheit entspricht. Bei der Religion der Manichäer, gegründet vom Perser Mani, wird er schließlich fündig. Ihn begeistert die hohe Moral wie auch deren Behauptung, dass die Welt etwas einfach in zwei Prinzipien geteilt sei: das Gute und das Böse. Und Augustinus erhofft sich auch zugleich einen Karriereschub durch diese Religion. Er führt in Karthago die mit einer Frau eingegangene Beziehung fort, den Sohn aus diesem Verhältnis, „Adeodatus“ („Gottgegeben“), liebt er. Weil er aber einen sozial niedrigeren Status hat, kann er diese Frau nicht heiraten. Mit etwa zwanzig Jahren lehrt Augustinus Grammatik in seiner Geburtsstadt, kehrt aber bald nach Karthago zurück, wo er ein gefeierter Rhetorikmeister wird. Er entfernt sich mehr und mehr von den Manichäern, da diese Irrlehrer seine Zweifel nicht zerstreuen können. Augustinus geht nach Rom, mit seiner Partnerin und dem gemeinsamen Sohn. 

Augustinus: "Nimm und lies"

Und dann weiter nach Mailand, wo der Kaiserhof residiert und wo Augustinus 384 den Lehrstuhl für Rhetorik übernimmt. In Mailand hört er, um die Kunst der Rhetorik zu vertiefen, die gelungenen und anspruchsvollen Predigten des Bischofs Ambrosius. Augustinus ist begeistert von der Sprachkunst des Ambrosius und noch mehr vom Inhalt dieser Predigten: Jetzt endlich versteht der kritische Rhetor auch das Alte Testament als einen Weg zu Jesus und er kann auch den Zusammenhang zwischen Glauben und Vernunft besser erkennen. Und er liest die Schriften der Philosophen und die Bibel mit Begeisterung, besonders die Paulus-Briefe. Seine Mutter Monika kommt nach Mailand nach und begleitet ihren Sohn, Augustinus wird Katechumene (Taufbewerber). Statt einer außerehelichen Partnerschaft möchte er nun eine christliche Frau, seine bisherige Partnerin kehrt daraufhin nach Afrika zurück. Augustinus vertieft sich mehr und mehr in die Heilige Schrift. 

"Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir."

Seine Bekehrung zum Christentum am 15. August 386 ist der Höhepunkt eines langen Weges. Im Garten hört er plötzlich eine Kinderstimme, die singend wiederholt: „Tolle, lege, tolle, lege! – Nimm und lies! Nimm und lies!“ Da erinnert sich Augustinus an die Bekehrung des Antonius, des Vaters des Mönchtums, und er wendet sich aufmerksam wieder den Schriften des Paulus zu. Sein Blick fällt auf einen Abschnitt aus dem Brief an die Römer und er liest: „Lasst uns ehrenhaft leben wie am Tag, ohne maßloses Essen und Trinken, ohne Unzucht und Ausschweifung, ohne Streit und Eifersucht! Vielmehr zieht den Herrn Jesus Christus an und sorgt nicht so für euren Leib, dass die Begierden erwachen.“ Dieser Text aus dem Römerbrief (Kapitel 13, Verse 13 bis 14) trifft ihn wie ein Schlag, er entscheidet sich, sein Leben zu ändern und sich ganz Gott zu widmen. 
 

„Gott hat sein Ohr an deinem Herzen."

Taufe des Augustinus

Augustinus wird mit 32 Jahren am 24. April 387 von Ambrosius in der Osternacht im Mailänder Dom getauft. Nun will er nach Afrika zurück, während seiner Reise über Rom zum Hafen nach Ostia stirbt seine Mutter Monika. Mit den Freunden will Augustinus ein Gemeinschaftsleben führen, er gründet in Hippo ein Kloster. In dieser afrikanischen Küstenstadt wird er trotz seines Widerstands 391 zum Priester geweiht. Sein Leben ist jetzt dreigeteilt: Gebet, Predigt, Studium der christlichen Tradition. In einer seiner wunderschönen Predigten sagt er dazu: „Immer wieder predigen, disputieren, ermahnen, erbauen, für jeden bereitstehen. Das ist eine große Last, ein schwerer Druck, ein mühseliges Werk.“ In Hippo wird er 395 zum Bischof geweiht, er unterstützt die Armen und die Waisen, sorgt für die Ausbildung des Klerus und die Organisation von Frauen- und Männerklöstern. In den über 35 Jahren als Bischof übt er einen großen Einfluss auf die Leitung der katholischen Kirche des römischen Afrika und ganz allgemein im Christentum seiner Zeit aus, indem er auch den hartnäckigen Irrlehren energisch und wortgewandt entgegentritt. Dabei sucht er immer den Dialog. 
 

"Im Wesentlichen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem Liebe."

Bekehrung als lebenslanger Weg

Wenige Monate vor seinem Tod, während die Vandalen seine Stadt belagern, bittet der von einem Fieber befallene Bischof darum, mit großen Buchstaben die Bußpsalmen abzuschreiben. Er lässt die Blätter an der Wand befestigen, so dass er sie vom Bett aus während seiner Krankheit sehen und lesen kann. Augustinus stirbt am 28. August 430, noch nicht 76 Jahre alt. Sein Leib wird später nach Sardinien übertragen und von dort im Jahr 725 nach Pavia in die Basilika „San Pietro in Ciel d’oro“. Die Bekehrung des Augustinus ist ein lebenslanger Weg, beginnend mit der Taufe in der Osternacht des Jahres 387 und endend mit dem Tod im Jahr 430.  

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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