„Alte Kontroversen hinter sich lassen“
Papstreise in die Türkei und in den Libanon
Zu den Gottesdiensten mit Katholiken und Begegnungen mit Christen anderer Konfessionen kamen während der sechstägigen Reise auch Gespräche mit politischen Führern. Die ökumenische Ausrichtung dieser Papstreise unterstreicht auch das am 23. November veröffentlichte Apostolische Schreiben „In unitate fidei“ („In der Einheit des Glaubens“). Der Papst mahnt, „alte theologische Kontroversen hinter sich zu lassen“ und geduldig und in Offenheit weiter an der Einheit zu arbeiten und sie im gemeinsamen Gebet zu üben. Leo XIV. war nach Paul VI. (1967), Johannes Paul II. (1979), Benedikt XVI. (2006) und Franziskus (2014) der fünfte Papst, der in die Türkei gereist ist. Den Auftakt bildete ein Empfang beim Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Mit Anklängen an die lange Geschichte des Christentums in Kleinasien und Konstantinopel erinnerte der Papst am 28. November in der kleinen katholischen Heilig-Geist-Kathedrale von Istanbul Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute an die „bedeutende byzantinische Vergangenheit, den missionarischen Schwung der Kirche von Konstantinopel und die Ausbreitung des Christentums im ganzen Morgenland“. In der Türkei leben laut Angaben des Vatikans 33.000 Katholiken, weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung.
Papstreise nach Iznik
Anschließend flog der Papst nach Iznik. Zum 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa wurde dort eine ökumenische Gedenkfeier abgehalten. Bei der Kirchenversammlung von Nicäa im Jahr 325 wurden die Grundlagen des bis heute für fast alle christlichen Konfessionen gültigen Glaubensbekenntnisses gelegt. Dieses Jubiläum war auch der zentrale Anlass der Papstreise. Alle Christen seien aufgefordert, „in gegenseitiger Liebe und im Dialog das Ärgernis der leider noch bestehenden Spaltungen zu überwinden“, betonte Leo XIV. Vor dem Papst sprach das orthodoxe Ehrenoberhaupt, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I.: „Trotz der Schwierigkeiten und Spaltungen der vergangenen Jahrhunderte nähern wir uns dieser heiligen Erinnerungsfeier mit gemeinsamer Verehrung und gemeinsamem Hoffen.“
Papstreise: Vom Frieden über alles andere
Mit einem eindringlichen Aufruf zum Einsatz für Frieden, Versöhnung und Gemeinwohl hatte Leo XIV. am 30. November seinen Besuch im Libanon begonnen. Bei einer Rede im Präsidentenpalast von Beirut versprach er den anwesenden Politikern als Belohnung eine „besondere Seligkeit, wenn Sie von sich sagen können, dass Sie das Ziel des Friedens über alles andere gestellt haben“. Auch religiöse Treffen mit Christen und Vertretern anderer Religionen standen im Mittelpunkt der Friedensreise des Papstes.
Zunächst besuchte der Papst am 1. Dezember das Kloster des libanesischen Nationalheiligen, des wundertätigen Mönchs Charbel (1828–1898). Am Abend sprach der Papst am Sitz des maronitischen Patriarchen in Bkerke zu christlichen Jugendlichen. Er forderte sie auf, trotz Konflikten und schweren wirtschaftlichen Krisen weiter im Land zu bleiben. Am Ort der verheerenden Explosion von 2020 im Hafen von Beirut betete das Kirchenoberhaupt dann still; anschließend feierte er mit 100.000 Menschen eine Messe an der Beirut Waterfront.
Aufruf zur Einheit der Kirchen
Die beiden höchsten Kirchenführer der katholischen und der orthodoxen Welt haben eine gemeinsame Erklärung zur Einheit der Christen unterzeichnet. Papst Leo XIV. und Patriarch Bartholomaios I. signierten den Text am 29. November am Sitz des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel im Istanbuler Stadtteil Phanar. In dem Text rufen sie alle Christen dazu auf, sich für die Überwindung der Kirchenspaltungen einzusetzen. Wörtlich heißt es in der Erklärung: „Dem Willen unseres Herrn Jesus Christus gehorchend, setzen wir unseren Weg des Dialogs in Liebe und Wahrheit mit fester Entschlossenheit fort, um die erhoffte Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Schwesterkirchen zu erreichen.“ Ferner verpflichten sich die Kirchenführer, nach einem gemeinsamen Ostertermin für alle Kirchen zu suchen. Wegen unterschiedlicher Kalender feiern orthodoxe und katholische Christen Ostern oft an unterschiedlichen Sonntagen.