Wiener Neustadt: Von Engeln bewacht erzählt der Dom seine Geschichte

Kirchen-Entdeckungsreise / Teil 4
Ausgabe Nr. 18
  • Wien und Niederösterreich
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Wahrzeichen: die spätromanischen Türme. ©Atahte Lauber-Gansterer
Zu einem der sakralen Meisterwerke zählt der Erzengel Gabriel. ©Agathe Lauber-Gansterer

Der SONNTAG stellt jeden Monat eine Kirche vor – dieses Mal den Liebfrauendom in Wiener Neustadt. Das Gotteshaus hat schon so manches überstanden und beeindruckt mit seinen Kunstwerken. Franz Schieraus aus dem Pfarrteam führte uns zu Petrus, Gabriel und zur Muttergottes.

Wer mit dem Zug aus Wien in Richtung Süden unterwegs ist, entdeckt sie schon von Weitem: die hohen Türme des Doms von Wiener Neustadt, die markant über den Dächern zum Himmel weisen. Sie sind seit Jahrhunderten wichtige Wegmarken und bis heute Wahrzeichen der Stadt. Ein Besuch im Dom lohnt sich wegen seiner beeindruckenden Architektur und wegen der Menschen, die ihm verbunden sind. Einer davon ist Franz Schieraus, ehemaliger Mesner und seit vielen Jahren leidenschaftlicher Domführer.

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Schon beim Betreten des Gotteshauses fällt eine architektonische Besonderheit auf: die leicht geknickte Längsachse des Gebäudes. „Wenn Sie durch das Haupttor auf den Altar schauen, sehen Sie die Abweichung“, erklärt Franz Schieraus und deutet nach vorne.

Der Dom wurde so ausgerichtet, dass seine Achse dorthin zeigt, wo am Pfingstsonntag des Jahres 1192 die Sonne aufging. Durch weitere astronomische Orientierungen beim Bau kam es zum leichten Achsenknick.

Der Bau begann um das Jahr 1200, damals noch im romanischen Stil. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gotteshaus erweitert und angepasst. So entstand im 14. Jahrhundert der gotische Chor, im Barock wurde das Innere aufwändig umgestaltet. Aus dieser Zeit stammt auch das Hochaltarbild „Mariä Himmelfahrt“ von Gian Domenico Cignaroli.

Warum es guttut, Petrus anzuschauen

Wer sich mit Franz Schieraus durch den Dom bewegt, spürt schnell seine Begeisterung. Besonders gern verweilt er bei einer Halb-Figur am linken Vierungspfeiler: dem Schmerzensmann. „Es ist ein sehr hochwertiges Werk des heimischen Bildhauers Thomas Strayff aus dem Jahr 1472“, erzählt er. Gestiftet wurde die Skulptur – wie so vieles im Dom – von Kaiser Friedrich III.

Außergewöhnlich sind die überlebensgroßen Apostelfiguren im Langhaus. Sie stammen aus dem späten 15. Jahrhundert und werden dem Bildhauer Lorenz Luchsperger zugeschrieben. „Diese Holz-Figuren beeindrucken mich immer wieder“, schwärmt Schieraus. „Vor allem der heilige Petrus – es tut richtig gut, den anzuschauen.“ Er lächelt. „Wissen Sie, was das Besondere an ihm ist? Der Petrus schaut runter. Er ist der Einzige, der auf die Gemeinde schaut.“ Und tatsächlich: Während die anderen Apostel den Blick zum Himmel richten, scheint Petrus seinen Platz unter den Menschen nicht vergessen zu haben. Tafelbilder unterhalb der Apostel verweisen auf die Propheten und stellen eine Verbindung zwischen dem Alten und Neuen Testament her.
Zu den schönsten kunsthistorischen Schätzen des Doms zählt eine Verkündigungsgruppe bestehend aus dem Erzengel Gabriel und Maria an den Vierungspfeilern.

Der Liebfrauendom hat in seiner Geschichte so manches überstanden, darunter Erdbeben und einen verheerenden Brandanschlag 2012. Von 1468 bis 1785 war der Dom Kathedrale der Diözese Wiener Neustadt. Heute ist er Propsteipfarre, zu der fünf Teilgemeinden gehören. Das spirituelle Zentrum Wiener Neustadts ist seit 1990 Titularbistum. Die Kirche ist der Muttergottes und dem heiligen Rupert geweiht. „Das Patrozinium feiern wir am 15. August. Im Marienmonat Mai gibt es regelmäßig Maiandachten“, lädt Franz Schieraus zum Besuch ein.

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  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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