Make the Pope Great Again
Hirtenhund
Was fällt denen in Rom eigentlich ein? Setzen ein Konklave so an, dass es genau in das redaktionelle Vakuum des „SONNTAG“ fällt und ich mein Gebell noch vor Konklave-Beginn abliefern muss, um dann bei Erscheinen eventuell schon von der Realität überholt worden zu sein … So bin ich andererseits frei, mich noch mit Spekulationen und Spielereien zu beschäftigen.
Wie dem „Kardinal-o-Mat“, einer Art elektronischer Papst-Wahlkabine. Derzufolge kann man davon ausgehen, dass der neue Papst NICHT aus den Kardinälen Grech, Marx und Omella hervorgehen wird. Denn ich habe mal alles an Wunschkriterien angeklickt, was der Heiligen Inquisition die Purpurröte auf die Wangen treiben würde: Frauendiakonat, Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, Freistellung des Zölibats – quasi eine kirchlich-linksgrünversiffte Agenda, der angeblich eben jene Kardinäle entsprechen. Somit Chancen gleich Null.
Tröstlich: Auch am anderen Ende der Nahrungskette wird wohl weder Gerhard Ludwig Müller noch Robert Sarah oder Kurt Koch zum Zuge kommen, die all diese Dinge angeblich als Teufelszeug ablehnen.
Übrigens speisen sich viele der Daten dieser Tools aus stramm traditionalistischen Quellen. Daher warnen woke „Theolog:*Innen“ (barrierefrei: Theologinnen und Theologen) auch vor einer „Diskurshegemonie“ und falschem „Agendasetting“. Mich juckt das ehrlich gesagt wenig. Es amüsiert mich – und es vertreibt ein wenig meine Make the Pope Great Again-Müdigkeit.
Make Pope Great Again. Hand aufs Herz: Haben Sie nicht auch in den letzten Tagen den Eindruck gewonnen, dass das Ganze nur noch eine große Medienshow ist, bei der die Kardinäle – bei aller Würde und Bürde ihrer Aufgabe – letztlich wie Statisten einer wohlgescripteten Soap wirken? Mich hat das Trump-Papst-Bild jedenfalls gar nicht mehr irritiert.
Nicht irritieren würde mich im Übrigen auch, wenn der neue Papst sich mit „Dobryy vecher“ – Guten Abend auf Russisch – auf der Loggia nach dem Konklave präsentiert. Wenn Russland Wahlen in den USA oder Rumänien manipulieren kann, warum nicht auch jene in der Sixtin?
Wie ich las, wurde alle Telekommunikation im Vatikan abgedreht. Das stärkste Netz in Rom aber kommt von Vodafone. Und daran beteiligt ist … MTS, der größte russische Mobilfunkbetreiber. Nur mal so gesagt … Kurz: Ich bin der Sache müde. Bitte, lasst den Kelch eines „Übergangspapstes“ an uns vorübergehen! Wählt einen jungen Burschen mit 65, damit mal länger Ruhe herrscht und wir uns wieder wichtigeren Dingen zuwenden können.
Bämm, schon spüre ich die Leserbriefkeulen. Aber egal – ich stehe dazu und mahne in hirtenhündischer Manier: Verwechseln wir nicht mediale Aufmerksamkeit mit gesellschaftlicher Relevanz.