„Beim Begrüßen können wir uns von Elefanten etwas abschauen“

Tieren zuhören
Ausgabe Nr. 30
  • Leben
Autor:
Angela Stöger mit Elefanten
Für Angela Stöger ist fast immer Sommer. Wie hier im November 2022 auf Forschungsreise in Limpopo in Südafrika. „Auch Elefanten suchen Schatten, wenn es sehr heiß ist.“ ©Angela Stöger

Ein Elefant spricht Koreanisch. Eine Maus singt wie ein Vogel. Und eine Wienerin hört ihnen genau zu: Die Bioakustikerin Angela Stöger verrät uns, was wir von Tieren lernen können.

Frau Stöger, normalerweise halten Sie ja Mäusen und Elefanten ein Mikrofon unter Nase und Rüssel, heute sitzen Sie selbst vor einem. Ist das eigentlich schon Bioakustik?

Angela Stöger: Wenn wir ein Gespräch führen, dann ist das natürlich eine Form von Bioakustik. Wir tauschen Information aus. Ich erzähle Ihnen etwas, sie hören zu, wir interagieren. Genau das tun Tiere auch. Und sehr bewusst. Bioakustik erforscht die Geräusche der Natur, die Tierlaute, damit beschäftige ich mich vor allem.

Werbung

Was hat Sie dabei besonders überrascht?

Ein Elefant, der menschliche Wörter nachahmen kann. Auf Koreanisch! Dieser Elefant namens Koshik lebt in Südkorea, in einem Art Disneyland mit Zoo. Lange war er dort der einzige Elefant. Aber Elefanten sind sehr soziale Tiere. So hat er eine starke Bindung zu seinen Pflegern aufgebaut und begonnen, einzelne Wörter nachzuahmen: „Hallo!“ und „Leg dich hin!“ zum Beispiel.

Können das andere Elefanten auch?

Es ist der einzige Elefant, den wir kennen, der menschliche Wörter nachahmt. Aber es gibt sehr viele Elefanten, die unterschiedlichste Laute nachahmen. Das können Maschinen sein, irgendwelche Geräusche, die sie hören. Oder wenn Asiatische mit Afrikanischen Elefanten zusammen gehalten werden, beginnen sie Laute voneinander nachzuahmen. Die Elefanten sind die Papageien unter den Säugetieren.

Sprechen Sie eigentlich eine Tiersprache? Hundisch mit Ihren zwei Hunden?

Ich versuche sie zu verstehen. Bin jedoch niemand, der Tiere imitiert. Ich verstehe die Körpersprache, verstehe am Tonfall ihres Bellens oder Winselns, wie dringlich die Situation ist. Genauso gut können meine Hunde mich lesen.

Sie sind eine der renommiertesten Elefanten-Forscherinnen der Welt. Was fasziniert Sie an diesen Tieren?

Elefanten haben einen sehr großen Familiensinn. Die Unterstützung, die sie einander geben, fasziniert mich. Die Komplexität ihrer Kommunikation, auch wie der Rüssel funktioniert, dieses faszinierende Organ mit 40.000 Muskeln! So feinmotorisch und doch so stark. Elefanten haben die beste Nase im Tierreich. Und sie sind sehr intelligent. Und die Jungtiere sind natürlich sehr entzückend und süß.

In Ihrem Buch „Von singenden Mäusen und quietschenden Elefanten“ beschreiben Sie, wie sich Elefanten, die einander länger nicht gesehen haben, freudig begrüßen.

Da können wir Menschen uns etwas abschauen: Elefanten begrüßen sich immer. Begrüßungsrituale sind bei ihnen sehr wichtig. Auch wenn sie sich nur kurz nicht gesehen haben. Wir haben Experimente gemacht, wo wir eine Herde für zehn, fünfzehn Minuten getrennt haben.

Und dann sind sie zusammengekommen, haben sich überschwänglichst begrüßt. Das ist schön zu beobachten: viele Laute, viel Trompeten, diese Rumbels – das Brummen, das man vom Elefanten kennt. Gleichzeitig berühren sie sich sehr viel, das ist ein Elefanten-Wirrwarr aus Rüsseln, Köpfen und Schwänzen. Es findet auch chemische Kommunikation statt, etwa mit Sekreten aus der Schläfendrüse. Da können Elefanten viel herausriechen. Das alles wird bei den Begrüßungssituationen eingesetzt, um, wie wir vermuten, die Bindung zu stärken zwischen verwandten oder befreundeten Tieren.

Welche Rolle spielt Ihre Forschung, wenn es um Tierethik geht?

Jede Erkenntnis, nicht nur von mir, zeigt uns immer mehr, dass Tiere uns zum Teil sehr ähnlich sind. Natürlich ist nicht alles genauso wie bei uns. Ein Wal oder Delfin ist natürlich anders als wir. Wir dürfen auch nicht nur danach suchen, was uns ähnlich ist und nur dem einen Wert geben. Wir Menschen müssen schon respektieren, dass Tiere anders sind. Zum Beispiel beim Schall. Da gibt es den Infraschall: zu tief, dass wir es hören können. Doch Wale, aber auch Elefanten, kommunizieren so. Und dann gibt es den Ultraschall: Fledermäuse, aber auch normale Mäuse, kommunizieren so. Ähnlich wie Vögel singen Mäuseriche für ihre Weibchen. Wir hören diese Gesänge nur nicht. Vielleicht schätzen wir deshalb Mäuse nicht so, weil wir zu wenig wissen. Wenn man den Mausgesang verlangsamt abspielt, klingt es wie ein Walgesang.

Wenn Sie einen Tag tauschen könnten mit einem Tier, welches würden Sie gerne sein?

Ich würde ein Nutztier nehmen. Obwohl das wahrscheinlich kein sehr angenehmer Tag wird. Ich glaube, das sollte jeder von uns – das wäre etwas, um wirklich verstehen zu können, wie es Nutztieren wirklich geht – einer Kuh oder einem Schwein. Wie geht es dir denn? Wie fühlt sich das Leben für dich an? 

Autor:
  • Gerlinde Petric-Wallner
Werbung

Neueste Beiträge

| Sonntag
Mariä Empfängnis, LESEJAHR C – 8. Dezember 2024

Wort zur ersten Lesung von Stefanie Hinterleitner

| Meinung
Meinung

Otto Neubauer (59) leitet die Akademie für Dialog und Evangelisation der katholischen Gemeinschaft Emmanuel und schreibt darüber, warum man sich täglich Zeit für Stille nehmen sollte.

| Kunst und Kultur
Highway to Heaven

Ein Theologe und ein Sozialwissenschaftler wagen den spannenden Versuch, spirituellen Botschaften in Rock- und Popsongs auf die Spur zu kommen.