Was wird in der Bibel getrunken?

„Wein, der das Herz des Menschen erfreut“
Ausgabe Nr. 37
  • Theologie
Autor:
Noach: Der erste Weinbauer der Bibel konnte die Folgen des Weinkonsums nicht abschätzen. ©Illustration Irene Maria Unger

Die Bibel des Alten und Neuen Testaments kennt das Leben in allen seinen Facetten. Dazu zählt auch das Trinken, und da in erster Linie das Wasser. Aber es gibt auch Milch, Most, Essig und vor allem den Wein, eher selten das Bier.

Der Nahe Osten, eine auch heute extrem heiße Region, braucht für Menschen, Tiere und Pflanzen hauptsächlich eines: Wasser. Denn Trockenheit und Dürre verursachen in dieser Gegend oft eine Wassernot. Wasser war und ist gleichsam das Lebenselixier. Die Bibel kennt aber auch den Genuss von Getränken, verbunden mit einer großen Lebensfreude. Die Bibel berichtet von vier nichtalkoholischen Getränken: allen voran Wasser, dazu Milch, Most und Essig. Zu den alkoholischen Getränken zählen hauptsächlich der Wein und kaum das Bier.

Werbung

Wasser: der Durstlöscher im Alltag

Der Durstlöscher im Alltag war das Wasser, oft auch vermischt mit Wein oder Essig. Wasserleitungen im heutigen Sinn gab es damals nicht, Trinkwasser wurde daher via Quellen oder Brunnen sowie in Zisternen und dann auch in Teichen gesammelt. „Lebendiges“ Wasser aus Quellen und Brunnen war daher viel beliebter als „stehendes“ Wasser aus den Zisternen. Allerdings lagen diese Quellen und Brunnen oft außerhalb der Dörfer und Städte und das Trinkwasser musste – meist durch Frauen – herbeigeschafft werden. „Es war gegen Abend, um die Zeit, da die Frauen herauskommen, um Wasser zu schöpfen“, heißt es im Buch Genesis (24,11). Und auch im Neuen Testament erzählt beispielsweise das Johannesevangelium vom Holen des Wassers: „Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen“ (Johannes 4,7). Gastfreundschaft zeichnete sich dadurch aus, dass Wasser angeboten wurde, sogar dem Feind, wie es im Buch der Sprichwörter (25,21–22) heißt: „Hat dein Feind Hunger, gib ihm zu essen, hat er Durst, gib ihm zu trinken; so sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt und der HERR wird es dir vergelten.“ Die große Sehnsucht in einem so trockenen Land wie Israel galt der künftigen Heilszeit, mit dem Traum von bewässerten Gärten und sprudelnden Wasserquellen: „Ihr werdet Wasser freudig schöpfen aus den Quellen des Heils“, weiß der Prophet Jesaja (12,3). Und: „Der HERR wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt und stärkt deine Glieder. Du gleichst einem bewässerten Garten, einer Quelle, deren Wasser nicht trügt.“ (Jesaja 58,11). Auch das Neue Testament kennt Wasser als Durstlöscher, wie Jesus sagt (Matthäus 10,42): „Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.“ Im Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker (Matthäus 25,35) heißt es
u. a.: „Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben.“ Gerade das Johannesevangelium ist besonders „wasserreich“. Das erste Zeichen Jesu in Kana in Galiläa (Kapitel 2, die Verwandlung von Wasser in Wein) zeigt eine verzweifelte Hochzeitsgesellschaft, der der Wein ausgegangen war:

Der HERR wird sein Volk in ein Land führen, in dem Milch und Honig fließen.

Vgl. Exodus 3,8

„Es standen dort sechs steinerne Wasserkrüge, wie es der Reinigungssitte der Juden entsprach; jeder fasste ungefähr hundert Liter. Jesus sagte zu den Dienern: Füllt die Krüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis zum Rand. Er sagte zu ihnen: Schöpft jetzt und bringt es dem, der für das Festmahl verantwortlich ist! Sie brachten es ihm. Dieser kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher der Wein kam; die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Da ließ er den Bräutigam rufen und sagte zu ihm: Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.“ Jesus selbst spendet später jenes Wasser, das den Durst der zu ihm Kommenden stillen wird (Johannes 7,37–38): „Am letzten Tag des Festes, dem großen Tag, stellte sich Jesus hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt! Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ Aus der Seite Jesu werden dann bei der Kreuzigung Blut und Wasser, „die“ Symbole für Eucharistie und Taufe, strömen (Johannes 19,34).

Milch: Ziege, Schaf oder doch Kuh

Schon die auffallend häufige Bezeichnung Israels als „Land, in dem Milch und Honig fließen“, verweist auf die Bedeutung der Milch als Grundnahrungsmittel. Gott, der HERR selbst, wird sein in Ägypten geknechtetes Volk in ein schönes, weites Land führen, „in ein Land, in dem Milch und Honig fließen“ (Exodus 3,8). Milch wurde als Ziegenmilch (Sprichwörter 27,27: „und genug Ziegenmilch für dich als Nahrung, als Nahrung für dein Haus“) wie auch als Schaf- und Kuhmilch getrunken, die weiterverarbeitet wurde, wie es im Buch Deuteronomium (32,14) heißt: „Mit Butter von Kühen“.

Jesus und das Gefäß voll Essig

Aus Trauben, aber oft auch aus Granatäpfeln wurde Most, ein unvergorener oder nur leicht vergorener Fruchsaft, gewonnen. „Würzwein gäbe ich dir zu trinken, von meinem Granatapfelmost“, schwärmt die Frau dem Mann im Hohelied (8,2) vor. „Der Most ist vertrocknet“, klagt der Prophet Jesaja (24,7). Denn viel Most deutete auf eine gute Ernte hin. Essig „passierte“ nebenbei, wenn etwas der Wein beim Transport „sauer“ wurde. Im Johannesevangelium (19,28–29) sagt Jesus am Kreuz: „Mich dürstet. Ein Gefäß voll Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.“

Als auch Frauen Wein tranken

Wein spielt schon von Anfang an in der Bibel eine herausragende Rolle. Noach gilt (nach Genesis 9,20) als erster Weinbauer, der aber selbst die Folgen des übermäßigen Weinkonsums nicht abschätzen konnte, denn er wurde betrunken vom Wein. Wahrscheinlich spielen besonders die mediterranen Bedingungen und die guten Böden eine große Rolle, sodass der Weinanbau in Palästina auf eine mehrtausendjährige Tradition zurückblickt. Wein gehörte, wenn man ihn sich leisten konnte, zum Bestandteil jeder ordentlichen Mahlzeit, aber auch zu den größeren Feiern. „Dann reichte er ihm auch Wein und Isaak trank“, heißt es von Jakob und seinem Vater Isaak (Genesis 27,25). Im Unterschied zur griechisch-römischen Welt tranken in Israel auch Frauen Wein, wie das Buch Ijob weiß (1,13): „Nun geschah es eines Tages, dass seine Söhne und Töchter im Haus ihres erstgeborenen Bruders aßen und Wein tranken.“ Die Bibel kennt allerdings keinen Weißwein, sondern ausnahmslos nur Rotwein, wie es schon im Buch Deuteronomium (32,14) heißt: „Das Blut der Trauben trankst du gegoren.“ Das Buch der Sprichwörter (23,31) warnt: „Schau nicht nach dem Wein, wie er rötlich schimmert, wie er funkelt im Becher: Er trinkt sich so leicht!“ Nicht wie heute die Rebsorten, sondern die Herkunft war in biblischer Zeit ausschlaggebend. So wird etwa der Wein aus En-Gedi (Hohelied 1,14: „Eine Hennablüte ist mein Geliebter mir aus den Weinbergen von En-Gedi“) oder aus dem Libanon (Hosea 14,8: „Die in seinem Schatten wohnen, bauen wieder Getreide an und sie sprossen wie der Weinstock, dessen Wein so berühmt ist wie der Wein vom Libanon“) besungen. Neben Trauben wurde Wein auch aus Granatäpfeln oder Datteln erzeugt. Besonders schön ist die Erzählung von den Männern, die als Kundschafter während des Wüstenaufenthaltes des Volkes Israel das Land Kanaan erkunden (Numeri, Kapitel 13): „Es war gerade die Zeit der ersten Trauben. ... Von dort kamen sie in das Traubental. Dort schnitten sie eine Weinranke mit einer Traube ab und trugen sie zu zweit auf einer Stange, dazu auch einige Granatäpfel und Feigen. Den Ort nannte man später Traubental wegen der Traube, die die Israeliten dort abgeschnitten hatten.“ Der Wein wird gelobt, wie etwa im Buch Sacharja (10,7): „Die von Efraim werden wie ein Held sein. Ihr Herz wird sich freuen wie beim Wein.“ Und Psalm 104,15 spricht von einem „Wein, der das Herz des Menschen erfreut“.

Jesus sprach: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken.

Vgl. Markus 14,25

Seit dem letzten Mahl Jesu mit seinen Aposteln – vor seinem Tod – wird der Wein als „Blut des Bundes“ verstanden: „Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.  Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von Neuem davon trinke im Reich Gottes.“ (Markus 14,23–25).

„Sie taumeln vom Bier“

Bier spielt in der Bibel eine Nebenrolle, wie ein Blick in die Einheitsübersetzung (2016) zeigt. Oft wird in der Bibel sogar vor übermäßigen Bier- und Weingenuss gewarnt. So klagt der Prophet Jesaja (28,7) an: „Sogar diese schwanken vom Wein und taumeln vom Bier: Priester und Propheten schwanken vom Bier, sind benommen vom Wein. Sie taumeln vom Bier, sie schwanken bei ihren Visionen, sie torkeln beim Entscheid.“ Jesaja 5,11 kritisiert die Dekadenz der Oberschicht: „Wehe denen, die früh am Morgen dem Bier nachjagen und in der Dämmerung lange aushalten, wenn der Wein sie erhitzt.“ Auch das Buch der Sprichwörter (20,1) warnt: „Ein Zuchtloser ist der Wein, ein Lärmer das Bier; wer sich hierin verfehlt, wird nie weise.“

Schlagwörter
Autor:
  • Stefan Kronthaler
Werbung

Neueste Beiträge

| Sonntag
Mariä Empfängnis, LESEJAHR C – 8. Dezember 2024

Wort zur ersten Lesung von Stefanie Hinterleitner

| Meinung
Meinung

Otto Neubauer (59) leitet die Akademie für Dialog und Evangelisation der katholischen Gemeinschaft Emmanuel und schreibt darüber, warum man sich täglich Zeit für Stille nehmen sollte.

| Kunst und Kultur
Highway to Heaven

Ein Theologe und ein Sozialwissenschaftler wagen den spannenden Versuch, spirituellen Botschaften in Rock- und Popsongs auf die Spur zu kommen.