Stationen des Lebens von Benedikt XVI.

Ein einfacher Arbeiter
Ausgabe Nr. 1
  • Papst
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Benedikt XVI. nach der Wahl zum Papst
April 2005: Auf den großen Papst Johannes Paul II. folgte der „einfache und bescheidene Arbeiter“ Benedikt XVI. ©Georgi Licovski/EPA/picturedesk.com
Papst Johannes Paul II. und Kardinal Joseph Ratzinger
Verbunden: 1980 besuchte Papst Johannes Paul II. München und traf Kardinal Joseph Ratzinger. Beide arbeiteten später jahrzehntelang eng in Rom zusammen. ©amw / Interfoto / picturedesk.com
Joseph Ratzinger und Kardinal Joseph Frings
Der Konzils-Theologe: Joseph Ratzinger mit dem Kölner Kardinal Joseph Frings. ©Erzbistum / dpa Picture Alliance / picturedesk.com
Papst Benedikt VI. an der Jerusalemer Klagemauer
Dem Judentum bleibend theologisch verbunden: Benedikt XVI. bei der Klage-Mauer („Westmauer“ des Jerusalemer Tempels) anlässlich seines Israel-Besuchs. ©PIER PAOLO CITO / EPA / picturedesk.com

Er war der 265. Papst in der Geschichte der römisch-katholischen Kirche und nach Papst Hadrian VI. der erste deutsche Papst nach 482 Jahren. Der SONNTAG hat die wichtigsten Stationen im Leben und Wirken von Joseph Ratzinger zusammengestellt, der als Papst Benedikt XVI. in die Geschichte eingeht.

Joseph Alois Ratzinger wurde am 16. April 1927 als Sohn eines Polizisten in Marktl im Landkreis Altötting in Bayern geboren. Sein um zwei Jahre älterer Bruder Georg war ebenfalls Priester. Kardinal Joseph Ratzingers „Karriere“ ist beeindruckend. Von 1946 bis 1951 absolviert Ratzinger ein Studium der Theologie und der Philosophie. 1951 empfängt er zusammen mit seinem Bruder Georg Ratzinger das Sakrament der Priesterweihe. Im Jahr 1953 wird er zum Doktor der Theologie promoviert. 1957 habilitiert er sich an der Universität München im Fach Fundamentaltheologie. Mit erst 31 Jahren tritt Ratzinger 1958 eine Professur für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising an und ist als Dozent und Lehrstuhlinhaber an verschiedenen deutschen Universitäten, darunter Bonn, München, Münster, Tübingen und Regensburg in den Fächern Fundamentaltheologie, Dogmatik und Dogmengeschichte tätig.

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Berater beim Zweiten Vatikanum

Am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) nimmt Ratzinger als Berater des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings als „Peritus“ – als beratender Experte – teil und gilt dort als Vertreter des aufgeschlossenen Reformflügels. 1976 wurde Ratzinger der Ehrentitel eines Päpstlichen Ehrenprälat für besondere Verdienste um die Kirche verliehen. Im März 1977 ernennt Papst Paul VI. Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising; schon zwei Monate später wird er zum Kardinal erhoben. Als solcher empfängt er den polnischen Episkopat in München, darunter auch Karol Wojtyla, der bald darauf, nach dem kurzen Pontifikat von Johannes Paul I., 1978 zum Papst gewählt wird. Am 25. November 1981 erfolgt unter Papst Johannes Paul II. die Ernennung zum Präfekten der Glaubenskongregation. Sie wird in den folgenden Jahren von ihm modernisiert und reformiert. Manches davon brachte er erst in den letzten Jahren zum Abschluss, etwa die Öffnung der Inquisitionsarchive, die im Jahr 1998 weltweit für Schlagzeilen sorgte. Kaum weniger wichtig dürfte die 1997 veröffentlichte Neuordnung des „Lehrbeanstandungsverfahrens“ für Theologen sein. Nur selten steht am Schluss eines solchen Verfahrens eine schlagzeilenträchtige Strafe bis hin zur Exkommunikation. Meist endet die Sache mit Klarstellungen über missverständliche Passagen in den Werken der betroffenen Theologen. Hinzu kommt, dass auf der Grundsatz-Ebene in der Auseinandersetzung mit der Befreiungstheologie und mit dem religiösen Relativismus wichtige Grundsatzentscheidungen gefallen sind. Ab 1998 war Ratzinger Subdekan des Kardinalskollegiums und wurde 2002 zum Dekan des Kardinalskollegiums und damit zum Titularbischof von Ostia gewählt. Im Geist des Gehorsams wusste Joseph Ratzinger auch zu ertragen, wenn er in den Medien für unpopuläre vatikanische Entscheidungen verantwortlich gemacht wurde: von der Verurteilung der marxistischen Elemente in der Befreiungstheologie (die sogenannte „Causa Boff“) bis hin zum Anti-Relativismus-Dokument „Dominus Iesus“.
 

Küng: Ratzinger war der Beste

Über das Verhältnis zwischen dem streitbaren Schweizer Theologen Hans Küng und seinem einstigen Tübinger Kollegen Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., sagte später einmal Kardinal Walter Kasper: „Sie schätzten und respektierten sich, aber sie stimmten nicht überein.“ Kasper erinnerte auch an das Treffen Küngs mit Benedikt XVI. 2005 in Castel Gandolfo. Dabei diskutierten die beiden „nicht über die Differenzen, sondern über allgemeine theologische Fragen“. Ironie der Kirchengeschichte: Küng holte 1966 Joseph Ratzinger an die Universität Tübingen. Küngs Argument: „Ich wollte einfach den Besten haben, und der Beste war Joseph Ratzinger.“

Seine „Erinnerungen“ 

1997 legte Ratzinger seine aufschlussreiche Autobiographie „La mia vita - Ricordi“ („Über mein Leben – Erinnerungen“) vor. Das Buch schildert seine Kindheit im bayerischen Marktl/Inn, nahe der österreichischen Grenze, in einem tiefgläubigen Elternhaus. Es erzählt von seinen Schuljahren in Traunstein, der NS-Zeit, seinem Einsatz als Flakhelfer und der kurzen amerikanischen Gefangenschaft. Danach schildert Ratzinger seine Studienzeit, die Priesterweihe 1951, die Promotion und seine Zeit als Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg, wo der heutige Wiener Erzbischof, unser Kardinal Christoph Schönborn, sein Student war. Ein Abschnitt des Buchs gilt Ratzingers Tätigkeit als Konzilstheologe beim II. Vaticanum. Das Buch endet mit seiner Berufung zum Erzbischof von München und Freising. 2002 wurde Kardinal Joseph Ratzinger 75 Jahre alt und erreichte damit das kanonisch vorgesehene Alter, die Bitte um Resignation vorzubringen. Er selbst deutete mitunter an, dass er sich gerne wieder mehr den theologischen Studien widmen würde, verblieb aber dennoch auf Bitte von Papst Johannes Paul II. im Amt. Am 19. April 2005 wurde schließlich Joseph Ratzinger nach 26-stündigem Konklave im 4. Wahlgang zum Papst gewählt.
 

Die dunklen Wolken des Pontifikats

Benedikt XVI. musste dann als Papst oft auch als Krisenmanager tätig werden. Der massive Missbrauch in der katholischen Kirche beschäftigte die Kirche nicht nur in Irland und Deutschland. Benedikt XVI. setzte dabei auf „null Toleranz“, um die einzelnen Fälle aufzuklären und ein Wiederholen auszuschließen. Auch die sogenannte „Vatileaks“-Affäre setzte Benedikt XV. zu: Ein Diener des Papstes hatte Dokumente entwendet, ein auch mit diesen internen Informationen angereichertes Buch mutmaßte dann über die Vatikanbank IOR und ihre vermuteten Schwarzgeldgeschäfte. Bei einer Vorlesung an „seiner“ alten Universität Regensburg 2006 zitierte Benedikt XVI. einen byzantinischen Kaiser, wonach der Prophet Mohammed nur „Schlechtes und Inhumanes“ gebracht habe. Dieses aus dem Zusammenhang gerissene Zitat hatte wütende Proteste der islamischen Welt zur Folge. 2009 sollte die Exkommunikation der Piusbischöfe zurückgenommen werden. Einer von ihnen allerdings, der Holocaust-Leugner Richard Williamson, verneinte die Existenz von Gaskammern und brachte den Vatikan in Erklärungsnotstand.

Rücktritt im Februar 2013

Im Februar 2013 erklärte dann Benedikt XVI. seinen Rücktritt. Zum ersten Mal seit 719 Jahren war der Papstthron nicht durch den Tod des Amtsinhabers, sondern durch dessen Rücktritt vakant geworden. Nach dem Einsiedler-Papst Cölestin V. (1294) hatte sich Benedikt XVI. angesichts abnehmender Kräfte entschlossen, „mit voller Freiheit“ auf sein Amt zu verzichten. Damit war der Apostolische Stuhl am 28. Februar 2013 um 20 Uhr vakant geworden. Es begann die Phase der Sedisvakanz („Sedes“: „Stuhl“; „vacans“: „leer, unbesetzt“), die durch klare Normen geregelt ist: durch die Papstwahl-Konstitution „Universi dominici gregis“ von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1996, die Benedikt XVI. 2007 im Wesentlichen übernommen, jedoch geringfügig modifiziert hat. Am 13. März 2013 wurde der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio SJ zum 266. Bischof von Rom und damit zum Oberhaupt unserer römisch-katholischen Kirche gewählt. 

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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