Ohne Miteinander geht im Leben nichts
Woran ich glaubeEigentlich ist Pater Stephan Holpfer gelernter Einzelhandelskaufmann. Doch nach dem Bundesheer mit 20 Jahren zog es ihn dann ins Kloster. „Das war eine echte Herzensentscheidung, der viele Gespräche mit dem damaligen Abt von Melk, Burkhard Ellegast, vorausgegangen sind“, erzählt Pater Stephan. Getragen war diese Entscheidung auch von dem Gedanken, dort sein zu wollen, wo er gebraucht wird.
Einmal Feuerwehrler, immer Feuerwehrler.
Pater Stephan, Sie sind nicht nur seit 18 Jahren Pfarrer im Pfarrverband Harzberg, zu dem die Gemeinden Bad Vöslau, Gainfarn und Großau gehören, sondern seit 2002 auch Landesfeuerwehrkurat von Niederösterreich. Was ist das genau – ein Feuerwehrkurat?
Pater Stephan Holpfer: Feuerwehrkurat ist ein Sonderdienstgrad innerhalb der Feuerwehr, der die Funktion eines Feuerwehrseelsorgers ausübt. Als Landesfeuerwehrkurat berate ich das Landesfeuerwehrkommando in geistlichen Fragen, bin aber auch ganz praktisch eingebunden: Ich organisiere etwa Feuerwehrkreuzwege oder Feuerwehrwallfahrten. Ich versuche aber auch so oft es geht im Feuerwehralltag hier bei der örtlichen Feuerwehr präsent zu sein.
Wie sind Sie zur Feuerwehr gekommen?
Ich bin in Traiskirchen aufgewachsen und habe mit 12 Jahren in der Feuerwehrjugend begonnen – das war damals ein echtes Novum im Bezirk Baden. Wir hatten einen Grundlehrgang, in dem wir alles Mögliche über die Feuerwehrarbeit gelernt haben. Jeden Freitag war eine Übung. Das Miteinander war das Schönste, dass man gemeinsam etwas auf die Beine gestellt hat.
Und seit dieser Zeit hat Sie die Feuerwehr nicht mehr losgelassen?
(Lacht.) Ich sage immer: Einmal Feuerwehrler, immer Feuerwehrler. Es ist eine Lebenseinstellung. Und für mich ergänzt sie sich ideal mit meinem Beruf als Priester. In der Feuerwehr bin ich in erster Linie der Kamerad, nicht der Pfarrer. Und das tut mir gut.
Pfarrer und „Feuerwehrler“ zu sein passt also gut zusammen?
Absolut. Ich will da sein, wo ich gebraucht werde – und nützlich machen kann ich mich in meinen Gemeinden und bei der Feuerwehr gleichermaßen. Einsätze voll mitfahren – das mache ich zwar nicht mehr, dazu habe ich einfach zu viele andere Aufgaben. Aber ich bin so oft es geht da, gehe etwa ins Feuerwehrhaus, wenn die Kameraden von einem Einsatz zurückkommen.
Gibt es Einsätze, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Der prägendste war sicher 2000, als acht Jugendliche bei einem Unfall auf der Autobahn ums Leben kamen. Ich war damals Feuerwehrkurat und Pfarrer in Matzleinsdorf bei Melk. Um vier Uhr früh hat mich ein Feuerwehrkamerad angerufen, dass sie mich brauchen und dass ich bitte kommen soll. Was ich dort gesehen habe, war wirklich ein Schock. Meinen Kameraden ging es genauso. Auch wenn jeder weiß, was zu tun ist – es gibt Einsätze, da müssen auch wir tief durchatmen.
Was ist Ihre Aufgabe bei solchen Einsätzen?
Vor allem präsent sein und zuhören. Das genügt oft schon. Es geht darum, zu zeigen: Ich bin da, ich gehe nicht weg, ich halte das jetzt mit euch aus.
„Da zu sein, wo ich vielleicht für einen Moment einen Unterschied machen kann, ist mir wichtig.“
Stephan Holpfer
Begleiten Sie die Einsätze auch geistlich?
Manchmal, ja – aber es hängt sehr vom Einsatz ab. Es wäre unehrlich zu sagen, dass man bei jedem Einsatz mit den Kameraden oder den Betroffenen betet. Oft ist das einfache Gespräch wichtiger. Für mich als Person ist Beten etwas Wesentliches, etwas, das mir guttut. Es ist Beziehungspflege mit Gott. Und der Glaube ist Teil meines Lebens, ohne dass ich mich jedes Mal bewusst dafür entscheiden müsste. Aber ich kann nicht davon ausgehen, dass das bei allen so ist, denen ich begegne.
Wer hat Sie im Glauben geprägt?
Allen voran meine Oma. Ihr Alltag war vom Glauben durchdrungen. In der Früh sagte sie schon: „In Gottes Namen stehen wir auf “, dazwischen hat sie immer wieder kleine Stoßgebete gesprochen. Auch um eine gute Sterbestunde hat sie immer gebetet. Geprägt haben mich zudem die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II., der der Papst meiner Jugend war. Und natürlich Abt Burkhard Ellegast aus Melk, mein Novizenmeister, ein väterlicher Begleiter.
Welche Rolle spielt das Kloster heute noch für Sie?
Ich bin jeden Mittwoch dort – das ist mein „Klostertag“. Der ist mir sehr wichtig und auf den steh ich total. Die Gemeinschaft mit meinen Mitbrüdern soll nicht nur auf dem Papier existieren, sondern wirklich gelebt werden. Damit das gelingt, muss ich regelmäßig da sein. Ich glaube an das Miteinander – es hat in allen meinen Lebensbereichen enorme Kraft. Und ich glaube an das Zuhören, das Dasein, an die Kraft kleiner Gesten. Und daran, dass Gott gerade dann und gerade so mitten im Leben wirkt – im Kloster, in der Pfarre und im Feuerwehrhaus.