Teresa von Ávila

„Die“ Lehrerin der Sinnsuche
Ausgabe Nr. 11
  • Theologie
Peter Paul Rubens: Die hl. Teresa von Ávila
Kirchenlehrerin seit 1970: Die hl. Teresa von Ávila (Peter Paul Rubens, um 1615,
Kunsthistorisches Museum Wien).
©akg-images / picturedesk.com
Christine Zvonarich über Teresa von Avila
Sr. Christine Zvonarich ist Unbeschuhte Karmelitin im Karmel St. Josef in Wien 13. ©Privat

Teresa von Ávila, sie wirkte im 16. Jahrhundert, übt mit ihrer menschenfreundlichen Gebetslehre einen großen Einfluss bis in die Gegenwart aus. Sr. Christine Zvonarich über die vielschreibende Ordensfrau aus Spanien, deren Werke zur Weltliteratur zählen und die bist heute gelesen werden.

Am 27. September 1970 hat Papst Paul VI. der heiligen Teresa von Ávila als erster Frau in der langen Geschichte der Kirche den Titel „Kirchenlehrerin“ verliehen. Teresa (1515– 1582) trat am 2. November 1535 ins Karmelitinnenkloster ihrer Heimatstadt ein. Ein Leben lang hatte sie mit Krankheiten zu kämpfen, ihre endgültige Bekehrung erlebte sie mit 39 Jahren, in der Fastenzeit 1554. Groß ist die Liste der Klostergründungen, die auf sie zurückgehen.

„Mit Hilfe des Johannes vom Kreuz wird sie auch zur Gründerin eines neuen männlichen Ordenszweiges im Karmel, so dass sie zu den wenigen Frauen in der Kirche zählt, die auch einen Männerorden gegründet haben“, schreiben Ulrich Dobhan OCD und Elisabeth Peeters OCD in der Einleitung zu „Teresa von Ávila: Das Buch meines Lebens“. Teresa konnte mit dem Rigorismus ihrer Zeit nichts anfangen, für sie war das menschliche Verständnis, die Sanftheit im Umgang miteinander, ausschlaggebend. Was sie „gelehrt“ hat? „Teresas Leben ist ihr Beten. Ihr Beten ist ihr Leben, und das ist auch ihre Lehre“, betonen Dobhan/Peeters.

Werbung

Wie dieses sogenannte innere Beten eine Liebesbeziehung zu Gott bzw. Christus ist, zeigt Teresas berühmte Definition des Gebets: „Meiner Meinung nach ist inneres Beten nichts anderes als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.“ Beten ist Lieben, so Teresa von Ávila, ihr geht es weniger um ein Viel-Denken, sondern um ein Viel-Lieben. Als schreibende Ordensfrau wurde sie auch zu einer Sprachschöpferin und trug maßgeblich zur Entwicklung ihrer kastilischen Muttersprache bei. Sr. Christine Zvonarich OCD vom Karmel am Hanschweg in Wien erläutert im SONNTAG-Gespräch die anhaltende Bedeutung der größten Mystikerin der Christenheit.

Was gefällt Ihnen an dieser spanischen Karmelitin?

CHRISTINE ZVONARICH: Im Leben Teresas war das Wort „Freundschaft“ ganz groß, Freundschaft mit Gott und Menschen. In hohem Maß war ihr die Gabe des Gebetes geschenkt. Durch ihren Mut, ihre Tatkraft und ihre Schriften wuchs aus kleinen Anfängen ein Ordenszweig, der viel Frucht brachte und weltweit weiter wächst.

Warum ist Teresas Frömmigkeit – gepaart mit Selbstkritik und Humor – so beispielhaft?  

Frömmigkeit kann nur in großer Freiheit, Wahrhaftigkeit und Freude gedeihen, ohne in Frömmelei abzugleiten. Freiheit im Gebetsleben war Teresa besonders wichtig: „Tut das, was am meisten Liebe in euch erweckt“, rät sie. Bekannt ist auch ihr Ausruf: „Gott bewahre uns vor bärbeißigen Heiligen.“

Teresa wird als Lehrmeisterin des Gebetes angerufen. Was hat sie uns heute dazu zu sagen?

Ihre Schriften, in denen sie ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Gott erzählt, geben Mut, eigene Erfahrungen zu machen. Ebenso können ihre Texte helfen, je eigene Erfahrungen einzuordnen.

Am 24. August 1562 gründete Teresa von Jesus in Ávila das Kloster San José. Was war das Besondere dieses Reform-Klosters? War das eine Form von „Entweltlichung“?  

Drei Ziele standen Teresa vor Augen: Erstens wollte sie die damals übliche starke Einmischung von Adelshäusern und Klerus hintanhalten, die viel Unruhe brachte. Die Schwestern sollten ein intensives Gebetsleben führen können, darum die Klausur. Zweitens sollten es kleine Gemeinschaften sein. Sie sagte, die Schwestern sollten wie Freundinnen einfach miteinander leben ohne Unterschied zwischen Arm und Reich. Drittens sollten sich die Schwestern im Gebet für die Nöte in Kirche und Gesellschaft einsetzen, also eine missionarische Ausrichtung haben.

Was bedeutet diese Kloster-Reform für die Ordensreformen heute?

Ordensreformen heute sind bestrebt, das Charisma der Gründerinnen und Gründer in den Vordergrund zu stellen und sich davon inspirieren zu lassen. Teresa reformierte im Karmelorden, was damals nötig und für ihre Zeit passend war. Nur analog dazu kann sie für die heutige Zeit Vorbild sein.
 

„Gott allein genügt“, sagte Teresa. Wie aktuell ist ihre Spiritualität?

Es kommt darauf an, was betont wird. Letztlich kann nur Gott dem Menschen genügen, der sich auf Sinnsuche begibt. Teresas Schriften können dabei helfen. Sie beschreibt in eindrucksvollen Bildern den Weg der Gottsuche und des Gottfindens. Beispielsweise: Ein Garten, der bewässert sein will, um Blumen und Früchte zu bringen. Die Raupe, die das Ruhestadium der Puppe braucht, um zum Schmetterling zu werden. Ein Palast, der viele Räume hat und im Innersten wohnt der König, der Gott selbst ist. 

Teresa und ihre Mitstreiterinnen tauschten die standesgemäße Kleidung feiner Kloster-damen gegen raue Wollstoffe und zogen die Schuhe aus. „Descalzadas“ („Unbeschuhte“) nannte man sie deshalb. Was hat uns dieses „herumvagabundierende Weib“, so der damalige Nuntius Felipe Sega, zu sagen?

Ähnlich wie Papst Franziskus würde Teresa mahnen: Bleibt nicht in der Bequemzone, setzt euch ein, setzt euch in Bewegung, um „Kirche heute“ zu bauen. 

Trotz Krankheit(en) und Verleumdung hielt Teresa von Ávila durch und gab nicht auf: Ist sie die Säulenheilige heutiger Reformerinnen und Reformer?

Heutigen Reformerinnen und Reformern würde Teresa vielleicht raten: Das Fundament sei ehrliches Gebet, prüft eure Motive und dann lasst euch nicht beirren und euch nicht in kopierte Strukturen treiben.

„Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt!“, sagte sie. Wie aktuell ist Teresa in der Frauen-Frage?

Manchmal hört man sagen: „Die Kirche denkt in Jahrhunderten.“ Ähnliches könnte man  jedoch auch von der Gesellschaft allgemein sagen. Frauen heute würde Teresa wahrscheinlich sagen: Geduld erreicht alles.

Was qualifiziert Teresa von Ávila als Kirchenlehrerin?

Teresas Hauptwerk „Die innere Burg“ ist ein Standardwerk christlicher Spiritualität. In sieben Kapiteln, den sogenannten „Wohnungen“, beschreibt sie das, was sie an spiritueller Erfahrung erlebte und auch, was ihr von suchenden und betenden Menschen erzählt wurde. Der „Burgherr“, der Gott selbst ist, begleitet jene, die diese „Wohnungen“ durchschreiten wollen. Auch Teresas andere Werke, beispielsweise „Leben“ und „Weg der Vollkommenheit“, bieten Inspiration und Orientierung bis heute. 

Schlagwörter
Werbung

Neueste Beiträge

| Weltkirche
Geschätzter Gesprächspartner, angesehener Theologe

Bischof in der Erzdiözese Wien zu sein bedeutete im Falle von Kardinal Christoph Schönborn nicht nur die Themen im Blick zu behalten, die für seine Diözese wichtig und entscheidend waren. Es bedeutete auch ein umfangreiches Engagement die unterschiedlichsten Belange der Weltkirche betreffend.

| Kunst und Kultur
Neues Buch von Kardinal Schönborn

Kardinal Schönborn und der Arzt Johannes Fellinger spüren den kraftvollen Bilderwelten Helmut Michael Bergers nach. Das neue Buch von Kardinal Schönborn und Johannes Fellinger heißt "Meine Augen haben das Heil gesehen".

| Chronik
Erneuerung als geistlicher Weg

Was heute innerkirchlich „Synodalität“ genannt wird, wurde in der Erzdiözese Wien mit den fünf Diözesanversammlungen zwischen 2009 und 2018 ein Stück weit vorgelebt. Dabei wurde immer deutlicher, dass eine Veränderung und ein Aufbruch notwendig sind, um als Kirche in der Stadt Wien und im Osten Niederösterreichs fit für die Zukunft zu sein.