Heilige als verehrte und geliebte Vorbilder

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Frau zündet Grabkerze für Heilige an
Frau zündet Grabkerze für Heilige an ©istock

Zu Allerheiligen und Allerseelen besuchen viele Österreicher traditionell die Gräber ihrer Verstorbenen. Eng verbunden damit steht auch die im katholischen Bereich verbreitete Heiligenverehrung. Diese hat einen sehr konkreten Ursprung und auch Auswirkungen auf das Leben von gläubigen Menschen.

Die Heiligenverehrung ist der Grund, warum es Allerheiligen überhaupt gibt. Das Fest ist seit dem 4. Jahrhundert bekannt und wurde im 9. Jahrhundert auf den 1. November gelegt: „Weil es schon damals einfach zu viele Heilige gab, um jedes Einzelnen zu gedenken. Deshalb hat man sich entschlossen, ein eigenes fest zu machen“, erklärt Heiligenexpertin, Buchautorin und Redakteurin des Medienhauses der ED Wien, Bernadette Spitzer: „Wenn jemand, den man geliebt oder gemocht hat, stirbt, dann denkt man weiterhin an ihn. Man hebt sich daheim etwas Persönliches von dieser Person auf, geht an sein Grab und man spricht mit anderen Menschen über ihn. Man möchte ganz einfach, dass diese Person nicht vergessen wird.

Und genau das trifft auch auf die Heiligen zu: Das waren allesamt Menschen, die aus einer ganz besonderen Haltung zum Glauben viel Gutes getan haben. Somit sind sie automatisch Vorbilder für uns und man möchte, dass diese Personen nicht vergessen werden.“

Bernadette Spitzer ist Buchautorin und Redakteurin im Medienhaus der Erzdiözese Wien

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Neben Allerheiligen kommt in den vergangenen Jahren auch vermehrt der Brauch von Halloween zu uns. Gibt es dabei einen Zusammenhang?

Spitzer: Halloween ist ein keltischer Brauch, bei dem die Menschen Nahrungsmittel vor die Tür gestellt haben, um die Toten zu besänftigen, von denen sie dachten, dass sie sie um diese Zeit heimsuchen würden. Im Gegenzug dazu fürchten wir Christen uns nicht vor unseren Toten, sondern wollen ihnen um Allerheiligen/Allerseelen bewusst nahe sein. Wir glauben, dass unsere Verstorbenen im Himmel sind, also in Gemeinschaft mit Gott; und dass es ihnen gut geht. Das ist was Schönes! Und wir glauben auch, dass wir zu ihnen nach wie vor eine Verbindung haben – insbesondere durch das Gebet.

Kommen wir zurück zu den Heiligen. Wann ist jemand heilig?

Spitzer: Heilige sind Menschen, die die Nähe und Liebe Gottes besonders ausstrahlen. Das merkt man meistens bereits zu deren Lebzeiten, denn es ist spürbar, wenn jemand einen besonders starken Draht zu Gott hat und entsprechend ausstrahlt und danach handelt. Doch aus kirchlicher Sicht braucht es auch ein Heiligsprechungsverfahren, das sehr umfangreich ist und teilweise Jahrzehnte lang dauert. In ein solches Verfahren werden Ärztekommissionen und eine theologische Expertenkommission eingebunden, Zeugen befragt – und am Ende muss dann auch noch der Papst zustimmen. Und es muss belegt sein, dass auf die Fürsprache des Heiligen Wunder passieren, die medizinisch oder naturwissenschaftlich nicht erklärbar sind.

Warum sind Heilige immer bereits tot?

Spitzer: Heiliggesprochen werden nur Menschen, die bereits tot sind, niemals zu deren Lebenszeiten. Und zwar weil man sich immer das gesamte Leben eines Menschen anschauen muss. Denn theoretisch könnte jemand sehr viel Gutes bewirken und dann plötzlich irgendwann etwas extrem Unchristliches.

Was können uns Heilig für unser eigenes Leben lehren?

Spitzer: Mich faszinieren generell Menschen und das, was sie aus ihrem Leben machen – und somit Heilige ganz besonders. Das sind z.B. Märtyrer wie Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter, der bis zum Moment seiner Hinrichtung die Möglichkeit gehabt hätte, seine Meinung zu ändern. Doch lieber wollte er auf Gott vertrauend sterben, als für Adolf Hitler in den Krieg ziehen.

Und neben Märtyrern gibt es unter den Heiligen auch so richtige Macher-Typen, die mich extrem inspirieren. Das sind Frauen und Männer, die allesamt eine großartige Karriere hinlegen hätten können und sich stattdessen für ein Leben für den Glauben und Kirche entschieden haben und dort dann ihre Talente eingebracht haben.“

Führen Heilige immer ein sehr ehrfürchtiges Leben?

Spitzer: Im Normalfall ja. Aber ein Heiligenleben ist definitiv kein humorloses Leben, ganz im Gegenteil! Heilige sind keine ernsten, verhaltenen Menschen, denen es nur darum gegangen ist, ja keine Sünden zu begehen. Sondern das sind mitunter richtige Lebens-Menschen. So hat etwa Johannes XXIII. ganze Anekdoten-Bücher gefühlt, weil er so schlagfertig und humorvoll war. Und auch bei vielen anderen Heiligen-Biographie kommt man oft ins Schmunzeln.

Ein Heiligenleben ist definitiv kein humorloses Leben. Heilige sind keine ernsten, verhaltenen Menschen!
Bernadette Spitzer

Wann und warum betet man zu den Heiligen?

Spitzer: Man betet Heilige nie an, sondern immer zu ihnen. Das kann man immer und jederzeit tun. Und zwar deshalb, weil die Heiligen vertraut sind, weil man sich von ihnen verstanden fühlen kann und schlichtweg, weil es quasi für alles eigene Heilige mit speziellen Patronaten gibt. Wenn eine Heilige wie Mutter Teresa sich ihr ganzes Leben lang für Arme und Kranke eingesetzt hat, bietet es sich an, dass man zu ihr betet, wenn man selbst gerade in eine solche Notlage gerät. Es gibt unter den Heiligen Schutzpatrone für Arme, Notleidende, für Krankheiten – Heilige für einzelne Berufsgruppen, Städte und ganze Länder. So ist der Heilige Leopold der Schutzpatron für ganz Österreich.

Haben Sie eine Lieblingsheilige oder einen Lieblingsheiligen?

Spitzer: Ich habe 367 Lieblingsheilige. Eine oder einen für jeden Tag im Jahr (also 365), einen speziell für die Schaltjahre am 29. Februar und eine Jahresheilige, die heuer besonders im Gespräch ist: Die Heilige Corona. Und wenn ich ganz genau bin, es sind auch zwei Ehepaare dabei; denn auch das gibt es: Dass in einer Beziehung oder Ehe beide Partner so vieles Gutes tun und im Glauben unterstützen, dass sie gemeinsam heiliggesprochen werden.

Über alle diese Heiligen, deren bewegtes und inspirierendes Leben, habe ich ein eigenes Heiligenbuch geschrieben. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie dieses mit Freude lesen.

Autor:
  • Michael Ausserer
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