Großeltern als Zeugen der Hoffnung
Zum Welttag der Großeltern und älteren Menschen
Nein, da kann ich nicht – Mittwoch ist Opa-Tag.“ Das war meine Standardantwort als Kind, wenn ich für einen Mittwoch zu Freunden eingeladen wurde. Der Opa-Tag war etwas geradezu Heiliges für mich – unantastbar, unverschiebbar. Eine Konstante in der Woche, auf die ich mich unbändig freute. Ich erinnere mich daran, wie mein Opa im Frühling mit mir durch die Straßen spazierte, um Magnolienblätter zu sammeln, die ich so schön fand. Oder an die Säcke voller Kastanien, die er im Herbst mit mir nach Hause schleppte. Vor allem erinnere ich mich an stundenlanges Geschichten- und Märchenerzählen. Der Mittwoch war ein Nachmittag, an dem mein Opa vor allem eines hatte: Zeit für mich, gefühlt unendlich viel Zeit. Und ich habe das so genossen.
Bitte nicht falsch verstehen, nicht nur mein Opa war mein Schatz, auch meine Oma. Sie war immer für mich da – bei jedem Wetter – und nahm jeden Tag den langen Weg zu uns auf sich, um auf mich aufzupassen, während meine Eltern arbeiten mussten. Sie kochte, spielte mit mir und hatte stets offene Ohren für all meine Erzählungen und lauschte meinen Ideen – auch den bestimmt gar nicht so spannenden – mit Engelsgeduld. Meine Großeltern haben mich mit ihrem liebenswerten Wesen geprägt. Die Sicht meines Opas und meiner Oma auf das Leben hat eine Dimension in meinen Alltag gebracht, die es trotz meiner liebevollen Eltern sonst nicht gegeben hätte. Viele ihrer Lebensweisheiten habe ich übernommen, weil ich gesehen und gespürt habe, wie gut sie sich in mein Leben einfügen und sogar helfen, die Widrigkeiten des Alltags besser zu ertragen.
Franziskus und seine Oma Rosa
Großeltern sind ein Schatz – das habe nicht nur ich erlebt, das erleben Tag für Tag unzählige Menschen rund um den Globus. Auch der verstorbene Papst Franziskus konnte davon berichten: Immer wieder erwähnte der Sohn italienischer Auswanderer, wie sehr ihn seine eigene Großmutter Rosa geprägt habe und wie sehr sie seine Glaubenserfahrungen und Frömmigkeit beeinflusste. So habe sie ihm und seinen Geschwistern etwa beigebracht: „Kinder, das letzte Hemd hat keine Taschen“, zitierte er sie in einer seiner ersten Predigten als Papst. Ihr Testament bewarte er zeit seines Leben in seinem Brevier auf. „Ich lese es oft: Es ist für mich wie ein Gebet“, gestand der Papst einmal. „Sie ist eine Heilige, die so viel gelitten hat – auch moralisch. Sie ist immer mit Mut vorangegangen.“
2021: Der erste Welttag der Großeltern
Diese Liebe und Verbundenheit mit seiner Großmutter bedenkend, erschien es geradezu logisch, als Papst Franziskus im Jahr 2021 den neuen „Welttag der Großeltern und älteren Menschen“ ins Leben rief. Der vierte Juli-Sonntag, ein Sonntag rund um den Gedenktag der heiligen Anna und des heiligen Joachim, die als Eltern Marias und damit Großeltern Jesu gelten, sollte fortan im Zeichen der Großeltern und der älteren Generation ganz allgemein stehen. Die Großeltern, „auf deren Knien wir alle gesessen sind, die uns in ihren Armen gehalten und unser Leben genährt haben“, hätten sich Aufmerksamkeit verdient. „Richten wir unseren Blick auf sie, so wie es Jesus mit uns tut“, betonte Franziskus.
Wertschätzung für ältere Menschen fehlt oft
In diesem Jahr wird der „Welttag der Großeltern und älteren Menschen“ am 27. Juli begangen. Passend zum Heiligen Jahr 2025 und seinem Motto „Pilger der Hoffnung“ lautet der Leitsatz des Welttages „Selig ist, wer seine Hoffnung nicht verloren hat“. Für Papst Leo XIV. ist es der erste „Welttag der Großeltern und älteren Menschen“ im neuen Amt. In seiner Botschaft findet er deutliche Worte: Er kritisiert darin die Gleichgültigkeit und das Desinteresse gegenüber alten Menschen. „Überall auf der Welt gewöhnen sich unsere Gesellschaften allzu oft daran, dass ein so wichtiger und reicher Teil ihres Gefüges an den Rand gedrängt und vergessen wird“, heißt es darin. Christen dürften sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern müssten auf einen Wandel hinarbeiten, „der den älteren Menschen wieder Wertschätzung und Zuneigung entgegenbringt“. Die Jüngeren sollten die Mauern der Gleichgültigkeit einreißen, hinter denen Ältere oft eingeschlossen seien, so der Papst.
Das Zeugnis der „Alten“
Die wachsende Zahl von Menschen fortgeschrittenen Alters sei ein Zeichen der Zeit. „Wenn wir einen älteren Menschen umarmen, hilft uns das zu erkennen, dass die Geschichte nicht in der Gegenwart versiegt oder sich in flüchtigen Begegnungen und bruchstückhaften Beziehungen erschöpft, sondern sich in die Zukunft fortsetzt“, so Leo XIV. „Wenn es also wahr ist, dass die Gebrechlichkeit der Alten der Kraft der Jungen bedarf, dann ist es ebenso wahr, dass die Unerfahrenheit der Jungen das Zeugnis der Alten braucht, um die Zukunft mit Weisheit zu gestalten.
Er erinnerte daran, dass Großeltern häufig für die junge Generation Vorbilder des Glaubens und der Frömmigkeit, bürgerlicher Tugenden und sozialen Engagements, der Erinnerung sowie der Beharrlichkeit in Prüfungen seien. „Dieses schöne Erbe, das sie uns mit Hoffnung und Liebe hinterlassen haben, wird uns stets ein Grund zur Dankbarkeit und Nachahmung bleiben.“ Die Bibel berichtet von mehreren Fällen, in denen Gott Männer und Frauen in fortgeschrittenem Alter in seine Heilspläne einbezieht, darunter Abraham und Sara sowie Zacharias und Elisabet, die noch in hohem Alter Eltern wurden. Auch Moses sei mit bereits 80 Jahren von Gott berufen worden, sein Volk zu befreien. „Mit diesen Entscheidungen lehrt er uns, dass das Alter in seinen Augen eine Zeit des Segens und der Gnade ist und dass die älteren Menschen für ihn die ersten Zeugen der Hoffnung sind.“
Der Omadienst des Katholischen Familienverbandes
„Geborgte“ Omas
Und wer keine leiblichen Großeltern hat? Der hat vielleicht das Glück, sich auf eine sogenannte Leihoma verlassen zu können. Seit mehr als 40 Jahren gibt es dieses Angebot des Katholischen Familienverbandes und das Interesse steigt von Jahr zu Jahr. „Die Nachfrage nach einer Leihoma ist derzeit bestimmt drei- bis viermal höher als sie in den vergangenen Jahren war“, sagt Andrea Beer, Leiterin des „Omadienstes“. „Und man muss leider sagen: Wir haben nicht genügend Leihomas und suchen ganz dringend Damen, die unsere Familien regelmäßig unterstützen.“
Der Alltag einer Leihoma sei sehr abwechslungsreich, so Andrea Beer. „Sie gehen mit den Kindern auf den Spielplatz, lesen vor, spielen zu Hause, basteln oder zeichnen mit den Kindern. Was unsere Leihomas dafür mitbringen müssen, ist Freude am Umgang mit Kindern, eine ausgeglichene Persönlichkeit und körperlich rüstig sollten die Damen auch sein.“ Der Familienverband bietet zudem für die verantwortungsvolle Aufgabe auch passende Schulungen – etwa Erste-Hilfe-Kurse für Babys und Kinder oder Kurse zum Thema Entwicklungspsychologie – an.
Eine Leihoma sei in jedem Fall nicht einfach nur ein kostengünstiger Babysitter, so Andrea Beer. „Wenn alles so klappt, wie wir das hoffen, dann sind unsere Leihomas langfristige Bezugspersonen für die Familien. Viele betreuen die Kinder, seit diese Babys sind. Oft besteht der Kontakt der Omas mit ,ihren‘ Familien auch dann noch, wenn die Kinder zu Jugendlichen geworden sind und eigentlich gar keine Betreuung mehr brauchen. Wenn ich so etwas höre, macht es mich besonders glücklich, denn genauso ist unser Angebot ja auch gedacht. Großeltern, die wie eben auch im ,echten‘ Leben absolut zur Familie gehören.“
Sie möchten gerne Leihoma werden?
Nähere Infos dazu unter:
▸ familie.at/wien/omadienst
▸ Telefonnummer 0664/885 93 932