Führe uns in der Versuchung

Erster Fastensonntag – Lesejahr A, 26. Februar 2023
Ausgabe Nr. 8
  • Sonntag
Autor:
Wüstenlandschaft im Spiel des Sonnenlichts
Die Wüste – Ort der Versuchung und der Begegnung mit Gott. ©Pixabay

Worte zum Evangelium von Josef Thorer SJ, Spiritual im internationalen Priesterkolleg Canisianum Innsbruck, Exerzitienbegleiter und Geistlicher Begleiter.

„Führe uns nicht in Versuchung“, beten wir im Vaterunser. Es gibt offenbar Versuchungen, die für den Menschen gefährlich und schwer bewältigbar sind. Es gibt aber auch Versuchungen, die für den Menschen unvermeidbar, ja heilsam sind, weil sie ihn vor eine Entscheidung stellen und ihn davor bewahren, überheblich zu werden. So wussten die frühen Mönchsväter: Niemand kann unversucht ins Himmelreich kommen. Zum Beginn der Fastenzeit hören wir im Evangelium von der Versuchung Jesu, der sich in der Wüste auf seine Mission vorbereitet. Der Versucher knüpft an die Zusage Gottes an, die Jesus zuvor bei der Taufe gehört hat: Du bist mein geliebter Sohn! Er möchte ihn dazu bringen, diese Zusage für sich auszunützen oder um einen hohen Preis die Macht zu suchen. Jesus lehnt es ab, denn sein Maßstab ist der Wille des Vaters, auf den er hört. Es bedeutet auch, dass er menschliche Bedingungen nicht überspringt, sondern sich ihnen unterwirft. Und er wird es tun bis zum Sterben am Kreuz.

 

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Jesu Versuchung

Diese Geschichte ist für uns ein Weckruf, unser gewohntes Leben in Offenheit und Aufmerksamkeit zu betrachten. Welche Rolle spielt Gott in meinem Leben? Versuche ich, im Hören auf ihn mein Leben einzurichten oder suche ich Gott für meine Interessen und Wünsche einzuspannen? Gott ist nicht dazu da, meine Wünsche zu erfüllen. Ich bin vielmehr herausgefordert, mich an Gott zu orientieren. Es mag für den Augenblick enttäuschend sein, wenn meine Bitten nicht erhört werden. Aber nur so erkenne ich Gott als jemanden an, der mehr ist als ein Wunschbild. Und so kann er mich in eine Weite und zu einem Leben führen, die meine Möglichkeiten übersteigen.

1. Lesung Genesis 2,7–9; 3,1–7

Das erste Menschpaar, Adam und Eva, das Gott in den Garten Eden hineingesetzt hat, erliegt der Versuchung und nimmt sich die Frucht vom einzigen Baum, den ihnen Gott verboten hatte.

Gott, der Herr, formte den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Dann pflanzte Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der Herr, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß, sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren.Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.

 

2. Lesung Römer 5,12.17–19 (Kurzfassung)

Die Übertretung der Ureltern wird durch die Gnade in Jesus Christus mehr als aufgewogen. Der Ungehorsam am Ursprung wird geheilt durch den Gehorsam des Gerechten.

Schwestern und Brüder!
Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten. Denn ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht diejenigen, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteilwurde, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus.
Wie es also durch die Übertretung eines Einzigen für alle Menschen zur Verurteilung kam, so kommt es auch durch die gerechte Tat eines Einzigen für alle Menschen zur Gerechtsprechung, die Leben schenkt. Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern gemacht worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht werden.

Evangelium Matthäus 4,1–11

Jesus, der Sohn Gottes, muss vor dem Beginn seines öffentlichen Wirkens Versuchungen bestehen, die ihn zu einem falschen Verständnis seiner Sendung führen wollen. Er war in allem uns gleich, außer der Sünde.

In jener Zeit wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel versucht werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird. Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt. Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er um deinetwillen, und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest. Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.

Darauf ließ der Teufel von ihm ab und siehe, es kamen Engel und dienten ihm.

Quelle: Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band I: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr A, Freiburg u. a. 2019. © staeko.net

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Autor:
  • Portraitfoto vo Pater Josef Thorer SJ
    Josef Thorer SJ
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