Diakon Hüttl: „Ich bin jetzt angekommen“

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Herbert Hüttl ist gerne Diakon.
Präsent sein und aufmerksam zuhören, was seine Mitmenschen brauchen, ist Diakon Helmut Hüttl ein Herzensanliegen ©Peter Feigl
Kardinal Schönborn weihte Helmut Hüttl 2024 zum Diakon.
Helmut Hüttl gemeinsam mit Kardinal Christoph bei seiner Diakonenweihe im November 2024. ©Stephan Schönlaub

Mit der Weihe zum Diakon hat Helmut Hüttl, 55, aus Schwechat den formalen Segen der Kirche für das bekommen, was er seit Jahren als seinen Dienst sieht: sich um Menschen zu kümmern, die am Abgrund stehen.

Vergangenen November wurden sechs Männer im Stephansdom zu Ständigen Diakonen geweiht. Helmut Hüttl war einer davon. Was bewegt den Schwechater in seinem Dienst?

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Herr Hüttl, die Diakonenweihe liegt fast ein halbes Jahr zurück. Wie haben Sie dieses besondere Ereignis erlebt?

Die Weihe war für mich ein umwerfendes Erlebnis, damit habe ich gar nicht gerechnet. Der Moment der Weihe selbst, als die Glocken des Domes geläutet haben – da wurden mir die Knie weich, das war sehr emotional.
Ich merke, dass ich seitdem in der Gemeinde anders wahrgenommen werde, nämlich als geweihter Amtsträger.

Ich habe in unserer Gemeinde immer schon ministriert, bin es also gewohnt, beim Gottesdienst im Altarraum zu sein. Dabei habe ich mir aber immer einen unauffälligen Platz ausgesucht. Als Diakon stehe ich nun an prominenter Stelle, das ist ungewohnt. Was für mich auf jeden Fall eindeutig ist und was ich auch in der Gemeinde gesagt habe: Ich bin jetzt angekommen.

Wie ist der Wunsch in Ihnen entstanden, Diakon zu werden?

Als junger Mann wollte ich eigentlich Priester werden und habe – ich würde sagen, das war das Wirken des Heiligen Geistes – am 13. Februar 1988 in der Maturaklasse meine heutige Frau kennen gelernt. Gott sei Dank! Der Glaube ist mir aber immer wichtig gewesen. In den vergangenen Jahren ist der Wunsch zum Dienst als Diakon drängender geworden. Als ich meiner Frau davon erzählt habe, meinte sie: Das habe ich schon lange gewusst.

Was genau hat das Diakonat so attraktiv für Sie gemacht?

Ich kann es gar nicht so genau sagen. Es war wahrscheinlich der Wunsch, den formalen Segen der Kirche zu bekommen für das, was ich in der Pfarre eh schon lange gemacht habe.

„Der Nächste, der mich braucht, – das ist für mich ganz eindeutig und unverrückbar –das ist Christus.“

Helmut Hüttl

Was genau haben Sie denn gemacht?

Mein Schwerpunkt ist seit jeher die Pfarrcaritas. Zu Menschen am Rand, die vor einem Abgrund stehen, hat es mich immer schon hingezogen. Bei uns in der Pfarre betreue ich die Sprechstunde der Pfarrcaritas, in der wir mit Rat und Tat helfen, auch mit Geld, wenn es nicht anders geht – zum Beispiel, wenn eine Frau, die mit ihren Kindern lebt, die Stromrechnung nicht mehr zahlen kann. Wir haben außerdem eine Notschlafstelle eingerichtet, die war mir lange ein großes Anliegen. Sehr oft bin ich in Schwechat abends mit dem Hund unterwegs und treffe dabei auf Menschen, die auf der Parkbank liegen. Sie kann ich jetzt in die Notschlafstelle in der Pfarre einladen, dort gibt es ein Zimmer mit Bett und die Möglichkeit zum Duschen. Denn viele dieser Menschen sind oft tagelang draußen unterwegs. Es ist erschütternd, zu hören, was sie durchgemacht haben. Zerbrochene Beziehungen, Eltern und Kinder, die sich entfremdet haben, finanzielle Engpässe, zum Teil selbst verschuldet – aber auch diese Menschen muss man auffangen.

Mit Beruf, Familie und Diakonat sind Sie sehr beschäftigt. Spießt es sich manchmal?

Es hat sich immer gespießt. Und so verrückt es klingt, jetzt studiere ich auch noch Fachtheologie. Aber meine engste Familie hat mich immer unterstützt.

Wo begegnet Ihnen Gott?

Auf jeden Fall mal zweimal am Tag, beim Beten der Laudes und der Vesper. Als Diakon habe ich dem Bischof versprochen, das Stundengebet zu beten, und daran möchte ich mich auch halten. Und dann begegne ich ihm im Nächsten. Der Nächste, der mich braucht, – das ist für mich ganz eindeutig und unverrückbar – das ist Christus.

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Autor:
  • Sandra Lobnig
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