Der Beichtstuhl: Eine Folterkammer?

Was wir der Kirche verdanken
Ausgabe Nr. 9
  • Theologie
Autor:
Beichtstuhl: Er ist „keine Folterkammer“, betont Papst Franziskus immer wieder. ©SeventyFour

Entdecken Sie die transformative Kraft des Bußsakraments und erfahren Sie, wie die Beichte im Laufe der Zeit zu einem Symbol der Barmherzigkeit und des Neubeginns wurde.

Als „vergessenes Sakrament“, als „aus der Mode gekommen“ wird das Bußsakrament oft bezeichnet. Zugleich entdecken viele wieder neu das Sakrament der Versöhnung.

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Im Judentum zur Zeit Jesu konnte nur Gott Sünden vergeben. Gott aber hat Jesus gesandt, damit er auf Erden bereits Sünden vergibt: „Und siehe, man brachte einen Gelähmten auf seinem Bett zu ihm. Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Hab Vertrauen, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben“ (Matthäusevangelium 9,2). Nach Jesu Auferstehung werden die Jünger bevollmächtigt, ebenfalls Sünden zu vergeben: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Johannesevangelium 20,23). „Beichte“ nennen viele gemeinhin das Bußsakrament. Die „Beichte“ („bǐgiht“, „bǐjiht“ = „Aussage“) ist eigentlich nur ein Teil des Buß-Sakraments, sie meint das persönliche Bekennen der Schuld gegenüber einem gültig geweihten Priester. Wesentlich für die Versöhnung mit Gott ist die Bereitschaft zur inneren Umkehr, also zum Überdenken und zur Änderung der Gesinnung. Der „Katechismus der Katholischen Kirche“ (KKK) sieht eine Beichte schwerer Sünden mindestens einmal jährlich und vor dem Empfang der hl. Kommunion vor. Kleinere Vergehen, so genannte lässliche Sünden, gegen die Gottes- und Nächstenliebe, derer jeder Mensch sich täglich schuldig macht, sollten jedoch auch in überschaubaren Zeitabständen gebeichtet werden, um das eigene Gewissen zu schulen. Einen öffentlichen Umgang mit Sünde und Buße kannte die Kirche in den ersten Jahrhunderten. Damals wurden die Sünderinnen und Sünder aus der Kirche ausgeschlossen – bis sie umkehrten, um dann wieder in der Osternacht zur Kommunion zugelassen zu werden. Iroschottische Mönche forcierten später eine andere Form des Buß-Sakraments, die schließlich als Privatbeichte sogar zur Pflicht wurde (4. Laterankonzil, 1215). Seit dem Tridentinischen Konzil (Mitte des 16. Jahrhunderts) sind die Beichtstühle üblich geworden, dreiteilig und mit einem Gitter versehen. In jüngerer Zeit beliebt wurden die Beicht- oder Aussprachezimmer. 

Nicht nur das „sexte“ Gebot

Buße ist von Reue und Umkehr geprägt: Hinsichtlich der eigenen Sünden ermöglicht sie Versöhnung unter den Menschen und die Rückkehr des Menschen in die Gemeinschaft mit Gott. Jeder Seelsorger muss sogar dafür sorgen, dass die Gläubigen hinreichende Beichtgelegenheit zu günstigen Zeiten haben. Etwa im Stephansdom, wo täglich von 7:00 bis 21:45 Uhr gebeichtet werden kann. Der Beichtvater hat zu bedenken, dass er bei der Feier der Buße immer als Bevollmächtigter der Kirche und als Arzt wirkt, wobei er Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit vertritt; er muss daher immer die Ehre Gottes und das Seelenheil der Menschen zugleich vor Augen haben. Leider war die Beichtpraxis oft überschattet von der Fixierung auf das sechste der Zehn Gebote, das als „sextes“ Gebot alle anderen Gebote in den Schatten stellte. Papst Franziskus erinnert jedoch immer wieder daran, dass der Beichtstuhl „keine Folterkammer“ sein darf, sondern „ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn, die uns anregt, das mögliche Gute zu tun“. 

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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