Das Kreuz und der Kundenschwund

Ausgabe Nr. 15
  • Die Kirche und ich
Autor:
Michael Prüller
©Stephan Schönlaub

Umfragen zu Symbolik und Brauchtum des Christentums scheinen relevante Gradmesser zu sein, um zu zeigen, wie gläubig wir Christen heute sind.

Ich bin dann auch wieder ganz froh, wenn Ostern vorbei ist. Nicht als Christ – da ist es ja der Angel-,  Ausgangs- und Zielpunkt von allem, was ist. Aber als kirchlicher Öffentlichkeitsarbeiter geht mir die allösterliche mediale Befassung mit der Frage „Wie katholisch sind wir noch?“ schon ziemlich auf die Nerven. Da geht es meist auf eine Art um „Relevanz“, als wären wir keine Glaubensgemeinschaft, sondern eine Handelskette, eine Partei oder ein Hauptabend-Fernsehprogramm: Die Quote ist alles.

Werbung

Natürlich gibt es Ausreißer, wie in meiner alten „Presse“, wo sie erwachsene Täuflinge interviewt haben. Beliebter sind aber Umfragen zu Symbolik und Brauchtum des Christentums, offenbar als Gradmesser. Das „profil“ hat heuer herausgefunden, dass 67 Prozent der Leute Kreuze in Klassenzimmern wollen. ServusTV berichtet, dass fast alle Eltern Osterfeiern in Kindergärten und Schulen wollen – immerhin 62 Prozent deshalb, weil es sich um einen hohen christlichen Feiertag handle, der zur österreichischen Tradition gehöre.

So viel zur Resilienz der Tradition. Die Relevanz des Glaubens an Tod und Auferstehung des Erlösers wird dagegen eher nur indirekt erwähnt. Etwa von der „profil“-Chefredakteurin, die davon schreibt, dass die Kirche mit „massivem Kundenschwund“ kämpfe. Da kommt bei mir aber schon wieder Osterfreude auf. Den Eindruck der Welt, dass es der Kirche um Kundengewinnung geht, müssen wir ja wohl selber mitverursacht haben. Vielleicht sind wir zu sehr als Verkäufer aufgetreten, nicht nur in der Ablass-Zeit, sondern bis heute, mit dem gewollt gewinnenden Dauerlächeln eines Stabsaugervertreters. Vielleicht geschieht der Kundenschwund parallel zu einem Händlerschwund in unserem Tempel – und da könnte durchaus Christus am Werk sein.

Schlagwörter
Autor:
  • Michael Prüller
Werbung

Neueste Beiträge

| Sonntagsjause
SONNTAGs-Jause

Schon seit 30 Jahren wirkt Reinhard Gruber im Wiener Stephansdom - Er ist ein Allwisser, wenn es um das bekannte Bauwerk geht. Das Domarchiv ist in den letzten Jahrzehnten sein Reich geworden.

| Spiritualität
Hoffnungsfroh

Die Bibel ist das Glaubensbuch schlechthin, weil sie vom Glauben erzählt und dazu einlädt, selbst Glaubenserfahrungen zu machen. Hubert Philipp Weber sagt, dass die biblische Hoffnung das Leben prägen soll und kann.

| Spiritualität
Glaubenszeugnis

Als ihre Ehe scheiterte, ging Andrea Lentner durch ein dunkles Tal. Sie glaubte nicht daran, dass sie je wieder glücklich sein würde. Heute unterstützt die Seelsorgerin mit ihrem Onlineprogramm „Aufgerichtet“ Frauen mit ähnlichen Erfahrungen.