Buchhandlung: Wenn sich die Seiten wenden

Gerhard Zach
Ausgabe Nr. 22
  • Soziales
Autor:
Wenn sich die Seiten wenden
Gerhard Zach, Inhaber der Buchhandlung Herder in der Wiener Wollzeile, blickt auf seine Karriere zurück. ©Pexels
Freut sich auf mehr Zeit für Enkelkinder, Radfahren und Bücher: Gerhard Zach. ©privat, Uni Leipzig
Vor knapp vierzig Jahren begann Gerhard Zachs Laufbahn in der Herder-Buchhandlung. ©Georg Messeritsch

Gerhard Zach, Inhaber der Herder-Buchhandlung, reflektiert über seine Karriere und blickt auf seine Laufbahn in der Buchhandlung in der Wollzeile in Wien zurück.

Vor knapp vierzig Jahren begann Gerhard Zachs Laufbahn in der Herder-Buchhandlung, seit 2004 ist er deren Inhaber. Im Laufe der kommenden Wochen wird er die Buchhandlung in der Wollzeile an seinen Nachfolger übergeben. 

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Herr Zach, fällt es Ihnen schwer, sich mit Pensionsbeginn aus der Buchhandlung zurückzuziehen?

Ich bin zum Glück nicht gleich ganz weg. In diesem Jahr arbeite ich noch Vollzeit, im kommenden drei Tage die Woche und danach so lange ich bzw. mein Nachfolger, Tobias Mayer, es gut finden. Was die Pension betrifft, bin ich gespalten. Positiv ist, dass ich mehr Zeit haben werde, um Bücher nicht nur oberflächlich zu lesen, fürs Radfahren und für meine Enkelkinder. Aber ja, all diese Begegnungen in den vergangenen Jahren – das war schon sehr großartig. Es ist nicht so leicht, das zu lassen.

Sie stammen aus einer Greißler-Familie in Ottakring. Hatten Sie schon in ihrer Kindheit Zugang zu Büchern? 

Mein Vater war Mitglied in der deutschen Buchgemeinschaft, über die ich mir Bücher bestellen durfte. Im Gymnasium war ich Bibliothekar. Also ja, Bücher waren immer Thema in meinem Leben.

Im Gymnasium war ich Bibliothekar. 

Gerhard Zach

Sie haben in den vergangenen zwanzig Jahren 250 prominente Gäste – von Hermann Nitsch über Erhard Busek bis Georg Gänswein – bei Veranstaltungen in der Buchhandlung begrüßt. Welche sind Ihnen in besonderer Erinnerung? 

Diese Frage ist nahezu unbeantwortbar. Nie vergessen werde ich die Begegnung mit Bischof Jacques Gaillot, der die Botschaft des Evangeliums mit beeindruckender Konsequenz umgesetzt hat, und jene mit dem anglikanischen Geistlichen Michael Lapsley, der sich in Südafrika gegen die Apartheid engagiert hat. Auf Grund einer Briefbombe des südafrikanischen Geheimdienstes hat er beide Hände und ein Auge verloren.  Und trotzdem hat er Optimismus und Lebensfreude ausgestrahlt. Mit ‚Healing the memories‘ hat er eine weltweit tätige Einrichtung zur Therapie von Kriegstraumata geschaffen.   

Welche theologischen Bücher haben Sie am meisten beeinflusst?

Carlo Martini und seine von enormem biblischem Wissen geprägte Spiritualität. David Steindl-Rast mit ‚Gratefulness‘ und seiner großen Weite.  Fulbert Steffensky vor allem in seinen kurzen, sehr pointierten und originellen Essays (wie in ‚Schutt und Asche‘). Aber auch Anselm Grün, der ja zu vielen Lebensbereichen Tiefgängiges zu sagen weiß. Unvergessen bleibt mir Josef Bernardins ‚Das Geschenk inneren Friedens‘ – ein Tagebuch, das er bis unmittelbar vor seinem Tod verfasst hat.  

Unvergessen bleibt mir Josef Bernardins "Das Geschenk inneren Friedens".

Gerhard Zach

Hat sich Ihr Glaube durch die Beschäftigung mit theologischer Literatur verändert? 

Ich glaube, mich prägt eine eher einfache, emotionale Frömmigkeit. Schuld daran ist wohl eine nahezu lückenlose katholische Sozialisation von Kindesbeinen an. Wenngleich ich mich gerne mit spiritueller Literatur beschäftige und oft aus dem Staunen nicht herauskomme, in welche Tiefen viele Autoren vordringen. Sehr gerne und regelmäßig lese ich die Zeitschrift ‚Christ in der Gegenwart‘. Sie bietet in relativ einfacher Weise viel Stoff für einen bewusster gelebten Alltag.

Ich komme oft aus dem  Staunen nicht heraus, in  welche Tiefen viele Autoren spiritueller Literatur vordringen.

Gerhard Zach 

Welche Themen in der Literatur sprechen Sie besonders an? Gibt es Protagonisten in Werken, die sie inspiriert haben?

Ich lese sehr viel Belletristik in Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg und der Schoah. Ich kann mich nur schwer mit den Schattenseiten des menschlichen Daseins, den Grausamkeiten und dem Bösen abfinden und suche Erklärungen, wie es zu solchen Katastrophen kommen und was man daraus lernen kann. Ohne jetzt einzelne Protagonisten zu nennen, berühren Schicksale einfach viel mehr als Sachbücher zu diesen Themen. Im Hintergrund steht dabei auch immer die Frage: Gibt es so etwas wie eine ausgleichende Gerechtigkeit für die Opfer?

Schlagwörter
Autor:
  • Sandra Lobnig
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