„Wir müssen uns ändern“

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 28
  • Spiritualität
Autor:
Fritz Giglinger gehört der Franziskanergemeinschaft an.
Immer draußen: Fritz Giglinger, der der Franziskanergemeinschaft angehört, lebt in und mit der Natur. ©privat

Vom Ministranten und Religionslehrer bis zum Generalsekretär der Wiener Diözesansynode und Bildungshausleiter: Fritz Giglinger, 90, war in der Kirche alles, was man als Laie sein kann.

Zur Franziskusgemeinschaft gehören neben Fritz Giglinger weitere 12 Personen, die neben einer ehemaligen Einsiedelei in einem großen Neubau in Gütergemeinschaft leben. Die Gemeinschaft ging aus der ‚Wüstenbewegung‘ hervor, die Giglinger zusammen mit Weihbischof Florian Kuntner († 1994)und dem Zisterzienserpater Franz Edlinger († 2011) gegründet hatte. 

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Vor genau 50 Jahren haben Sie sich mit anderen Weggefährten, darunter Weihbischof Florian Kuntner, entschlossen, ,einfach anders zu leben‘. Was bedeutete das und was war dafür ausschlaggebend?

1975 war ein Heiliges Jahr, und für uns war klar: Wir wollen etwas tun, und wir müssen uns ändern. Unter dem Motto ‚einfach anders leben‘ entstand die ‚Wüstenbewegung‘. Inspiriert wurden wir vom heiligen Franziskus, von den kleinen Schwestern Jesu in Regelsbrunn und durch die Bücher von Carlo Carretto. Der Aufruf Carrettos ‚Bring ein wenig Wüste in dein Leben‘ wurde unser Motto. Wir veranstalteten Wüstentage und -wochen, Jugendfeste in Assisi – dort war ich insgesamt 87 Mal – und haben in Bischof Kuntners Vikariat unter dem Wienerwald eine ‚Dritte-Welt-Gruppe‘ gegründet. Ab 1977 haben wir jedes Jahr den Fastenkalender herausgegeben. Wir fuhren mit dem Rad statt mit dem Auto und setzten viel von dem um, was man heute unter ‚Nachhaltigkeit‘ versteht. 

Im Mittelpunkt standen die Änderung des eigenen Lebensstils und die Solidarität mit den Armen. Anfang der 1980er-Jahre gingen Sie noch einen Schritt weiter und ließen sich als Gemeinschaft in Pinkafeld nieder.

Nach langem Suchen fanden wir dort eine verfallene Einsiedelei, nicht mehr als eine ‚Gstettn‘. Die renovierten wir und bauten ein großes Gebäude dazu. Wir starteten zu acht, waren zu Höchstzeiten bis zu 16 Mitglieder, heute sind wir dreizehn. Ich lebe hier mit meiner Frau. Wir leben in Gütergemeinschaft. Alles Geld, das uns übrig bleibt, spenden wir an Projekte in der ganzen Welt.

„Wir fuhren mit dem Rad statt mit dem Auto und setzten viel von dem um, was man heute unter ‚Nachhaltigkeit‘ versteht.“ 

In der Franziskusgemeinschaft versorgen Sie sich selbst.

Wir haben einen großen Garten, ein Glashaus, Schweine und Hühner. Jeder von uns übernimmt eine Aufgabe. Ich bin am Morgen oft draußen, meist beim Salat, den Zucchini und Kürbissen, im Einsatz. 

,Mit der Wüste assoziiert man einen unwirtlichen Ort. Was verstehen Sie darunter?

Wüste meint für mich, Abstand zu nehmen, Stille zu halten. Keine Einsamkeit, sondern eine bewusste Stille. Für mich war ‚Wüste‘ auch immer eine Sache von Gemeinschaft, also weniger ein ‚Fasten und Meditieren‘, sondern ein aktiver Ort, orientiert an der Bibel. 

Sie arbeiteten viele Jahrzehnte in der Erzdiözese Wien. Was waren Ihre Aufgaben?

Ich war in meinem Leben in der Kirche alles, was man als Laie sein kann. In meiner Pfarre in Oberwaltersdorf wurde ich mit sechs Jahren Ministrant, dann Oberministrant, ich unterrichtete als Religionslehrer an zwei Sonderschulen, arbeitete für die Katholische Jungschar, die Katholische Jugend und wurde dann von der KA geholt. Bei der Wiener Diözesansynode war ich Generalsekretär und arbeitete später im Pastoralamt. Ich war ein Manager – solange, bis ich zusammenbrach. 

Was war passiert?

Ich hatte ein Burn-out, auch wenn das damals noch anders hieß. Ich brauchte sechs Monate, um wieder auf die Beine zu kommen. Bischof Kuntner überredete mich, in der Kirche zu bleiben. So übernahm ich die Leitung des Bildungshauses Sankt Bernhard in Wiener Neustadt, bis ich sie wieder abgab, um mich ganz der Wüstenbewegung zu widmen.

Schlagwörter
Autor:
  • Sandra Lobnig
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