Vom Kühlen der Mütchen
Hirtenhund
Ich bin ein gläubischer, kein abergläubischer Hund. Aber als ich heute sah, dass dies meine 198. Kolumne hier im „Sonntag“ ist, musste ich schmunzeln. Denn auf bunt blinkenden Websites mit Flügelwesen kann man lesen, dass die 198 eine „Engelszahl“ und ein „spirituelles Zeichen für Vollendung und Neuanfang“ sein soll. Das gefällt mir. Und so nehme ich hier und heute nicht etwa meinen Hut, um Ihnen Lebewohl zu sagen, wohl aber werde ich die kommenden Wochen eine kleine Auszeit nehmen und mich in die Sommerfrische verabschieden – um dann ab August mit Kolumne 199 den prophezeiten „Neuanfang“ zu setzen.
Abgekühlte Mütchen
Ein wenig Abkühlung ihrer geweihten Mütchen täte wohl auch unseren Bischöfchen, pardon, Bischöfen gut: So haben sie sich durch einen ORF-Beitrag herausgefordert gefühlt, zu unterstreichen, dass die Kirche „entschieden gegen Todesstrafe“ sei. Wie beruhigend… Die Causa ist tatsächlich so skurril wie sich dieses Zitat liest. Konkret geht es um einen Heiligenkreuzer Mönch, der auf einem Blog über den Vorrang kirchlicher Macht vor staatlicher fabuliert. Wenn Gott das höchste Ziel ist, dann gilt es, alles diesem Ziel unterzuordnen und zur Not auch „Häretiker“ entsprechend drakonisch zu bestrafen. „Da das zeitliche Ziel des Menschen seinem ewigen Ziel untergeordnet ist, muss die zeitliche Gewalt der geistlichen Gewalt untergeordnet sein“, schreibt besagter Ordensmann.
Kein kühles Mütchen
So einfach, so krank, so belanglos, möchte man meinen, wenn nicht Theologinnen wie Sigrid Rettenbacher sich von Kreisen, die diesen (w)irren „Integralismus“ vertreten, bedroht fühlen. Und die in besagtem ORF-Beitrag gleich von „Strömungen“ in der Kirche sprach – und nicht von einer kleinen, irren Minderheit. Das brachte unsere Oberhirten offenbar auf den Palmbuschen. So sehr, dass sie sich in alter Gutsherrenmanier gleich auf den ORF einschossen. Liebe Hirtenden, ruhig Blut. Wenn etwas in der Kirche strömt, dann leider nur die Gläubigen – und zwar aus der Kirche heraus. Und vielleicht überlegt ihr in der kühlen Sommerfrische mal, ob hinter dem ganzen Pulverdampf nicht ein größeres, reales Problem lauert: Das Problem nämlich, dass es Theologie(n) in Österreich gibt, die solche Positionen in ihren Spitzenformulierungen zulassen und die sich damit sogar in einem „Diskurs“ sehen wollen. Das lässt sich durch keinen Brandbrief aus der Welt schaffen. Aber vielleicht mit sommerfrischlich kühlem Kopf mit den vielen wohlmeinenden Theologinnen und Theologen im Land diskutieren.