Welchen Plan hat Gott mit den Menschen?

Schöpfung im Klimawandel
Ausgabe Nr. 28
  • Theologie
Autor:
Adam von Michelangelo
Das berühmteste Schöpfungsbild: Die Erschaffung des Menschen (Michelangelo, Sixtinische Kapelle, Vatikan). ©iStock/Vieriu Adrian
Georg Fischer
Georg Fischer lehrte Altes Testament an der Universität Innsbruck. ©Christian Bargehr

Ein kleiner Überblick über die Kernaussagen der biblischen Urgeschichte hinsichtlich der Erschaffung der Menschen. Der Innsbrucker Alttestamentler P. Georg Fischer SJ zeigt dabei auf, welchen Plan Gott mit den Menschen hatte und noch immer hat.

Im ersten Buch der Bibel, in der Genesis, finden sich grundlegende Aussagen über Gott, die Schöpfung, die Welt und das Menschsein. Es sind Erzählungen von Freude und Versagen, von Leben und Sterben. Im SONNTAG-Interview erläutert der langjährige Innsbrucker Alttestamentler P. Georg Fischer SJ die Schöpfungserzählungen der Heiligen Schrift. Sie wollen vermitteln, dass alles seine Existenz einem großzügig schenkenden, weise planenden Gott verdankt, der um das Wohl seiner ganzen Schöpfung andauernd sorgend bemüht ist.

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Warum umfasst der Begriff „Schöpfung“ mehr als der Begriff „Natur“?

GEORG FISCHER: „Schöpfung“ ist ein religiöser Begriff und bezieht sich auf alles, was Gott gemacht hat, das gesamte Universum. Als solcher ist er ein Bekenntnis zu ihm als dessen Urheber. „Natur“ dagegen ist nur ein kleiner Teil davon und lässt offen, von wem sie stammt. 

Was bedeutet die Rede im Buch Genesis von der Erschaffung des Menschen als „Statue“ Gottes (traditionell „Bild Gottes“)? 

Das hebräische Wort in Genesis 1,26 ist „zäläm“, was eine „Statue“ bezeichnet, üblicherweise von Gottheiten oder Königen, die durch diese – „toten“ – Gebilde aus Holz, Stein oder Metall vergegenwärtigt wurden. Diese Funktion, den biblischen Gott zu repräsentieren, übernimmt in der Bibel von Anfang an der lebendige Mensch. Damit geht sie schon von ihrer ersten Seite an in völlige Opposition zu allen damals bekannten Religionen. Männer und Frauen erfüllen gemeinsam diese ehrenvolle Rolle und tragen die Verantwortung, Gott auf der Welt zu vertreten. 
 

Genesis 1,28 lautet wörtlich: „Und Gott segnete sie, und zu ihnen sagte Gott: ,Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan! Und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, das sich auf der Erde regt!’“ Wie können die Menschen diesen Aufgaben gerecht werden? 

Zuerst kommt der göttliche Segen: Er ermöglicht die Ausführung des Befohlenen. Die ersten zwei Aufträge betreffen das Miteinander; Mann und Frau sollen Kinder hervorbringen und so für das Wachstum der Menschheit sorgen. Die nächsten zwei Befehle beziehen sich auf das Verhältnis zur Erde; die Menschen sollen sich auf ihr ausbreiten und haben die Erlaubnis sowie die Aufgabe, sie zu nützen. Der letzte Befehl gibt ihnen Vollmacht über alle Tiere, damit aber auch Verantwortung für sie. Dabei sind sie immer verpflichtet, die ganze Schöpfung in ihrer von Gott geschaffenen „Güte“ (sechs Mal seine Wertung „gut“, zuletzt in 1,31 „sehr gut“) zu bewahren und ihm gegenüber Rechenschaft für die Verwaltung des Anvertrauten abzulegen.
 

Was meint Genesis 2,15: „Und Jhwh–Gott nahm den Menschen und ließ ihn ruhen im Park ,Wonne‘“?

Der biblische Gott, Jhwh, (Jahwe ist der Name des Gottes Israels. Er besteht hebräisch aus vier Konsonanten und wird deswegen Tetragramm, griechisch „Vier-Buchstaben“ genannt, Anm. d. Red.) schenkt einen Ort, an dem die Menschen verweilen können. Sie können so in ähnlicher Weise zur Ruhe kommen wie er selber zuvor (in 2,1–3) am siebten Tag. Üblich ist die Übersetzung mit „Garten Eden“, aber erstens handelt es sich – mit „allen Bäumen“ – um eine Parkanlage, vergleichbar denen von Königen oder Tempeln, doch sie übertrifft diese bei weitem. Und zweitens hat das hebräische Wort „edän“ die Bedeutung „Wonne“. Jhwh stellt die Menschen in ein prächtiges, herrliches Ambiente, das voller Leben ist und Freude vermittelt. 
 

Was besagt (im selben Vers): „... ihn zu bearbeiten und ihn zu bewahren“?

Jhwh möchte keine Faulenzer und auch nicht, dass der Mensch sich langweilt. Hier werden die früheren Aufträge (aus Genesis 1,28) konkret. Ein Park mit allen Bäumen und üppig wachsender Vegetation bedarf der Pflege, soll er gedeihen, fruchtbar sein und schön bleiben. Das in Genesis 1 übertragene „Herrschen“ verlangt Arbeit und körperlichen Einsatz. Dazu gehört auch das „Bewahren“ (im Hebräischen klingt ebenso „Bewachen, Behüten“ mit), d. h. das Schützen und Erhalten in einem Zustand, der Gottes Gefallen findet.  

Bisweilen wurde und wird der Mensch als „Krone der Schöpfung“ bezeichnet. Hat diese Aussage eine biblische Grundlage?

Die erste Schöpfungserzählung wurde oft so ausgelegt. Sie gipfelt aber nicht in der Erschaffung des Menschen, sondern im göttlichen Ruhen am siebten Tag, als Vorbild für gleiches menschliches Tun – siehe die Bestimmungen, den Sabbat zu halten, z. B. in den „Zehn Worten“ in Exodus 20,8–11. Unter den Lebewesen jedoch kommt den Menschen die höchste Stellung zu, und Psalm 8,6 lobt staunend Gott dafür, dass er den schwachen, hinfälligen Menschen „mit Herrlichkeit und Pracht gekrönt hat“.

Ist die Aussage „… denn aus der Größe und Schönheit der Geschöpfe wird in Entsprechung ihr Schöpfer erschaut“ (Buch der Weisheit 13,5) zutreffend?

Bei manchen Gemälden erkennen wir vom Stil her oft leicht, von wem sie stammen. Ähnliches gilt für musikalische Kunstwerke, Gedichte, Romane usw. Dies zeigt, dass es eine Beziehung zwischen hochstehenden Erzeugnissen und den sie Schaffenden gibt. Das gilt auch für Gott: Die unermessliche Weite des Universums, die Wunder im Kleinsten, bis in den Mikro-, Nano- und atomaren Bereich, das sich ausbreitende Leben, die Vielfalt an Formen, Farben, Regionen, Tieren und vieles andere mehr zeugen von ihm und lassen ahnen, dass er unendlich schöner und prächtiger ist als alles, was wir sehen oder uns vorstellen. 

Autor:
  • Stefan Kronthaler
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