Klara von Assisi: Ein radikaler Lebensweg

Sonnige Jubiläen
Ausgabe Nr. 28
  • Kunst und Kultur
Autor:
Strahlende Lichtgestalt: Klara inspiriert durch die Jahrhunderte hindurch. ©Gemeinfrei

Unter dem Motto „Sonnige Jubiläen“ schauen wir in dieser SONNTAG-Sommerserie auf Persönlichkeiten aus Kunst und Kirche sowie klösterliche Zentren, die in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum feiern. In dieser Folge geht es um Klara von Assisi, deren Geburtstag sich heuer zum 830. Mal jährt.

Klara von Assisi, geboren 1194, wählte einen radikalen Lebensweg, der sie zur ersten Frau machte, die eine eigenständige Ordensregel entwarf. Als Tochter einer wohlhabenden Adelsfamilie schien ihr Lebensweg vorgezeichnet: eine standesgemäße Heirat und ein Leben im Luxus. Doch Klara spürte früh eine andere Berufung. „Arm den armen Christus umarmen“ wurde der Leitspruch ihres Lebens. 
Mit 18 Jahren floh sie aus ihrem Elternhaus zur Portiunkula-Kirche unterhalb von Assisi. Dort erwartete sie Franz von Assisi. Er schnitt ihr die Haare ab und kleidete sie in ein grobes Bußgewand. Klara legte die Gelübde von Armut, Keuschheit und Gehorsam ab und trat damit in die Fußstapfen des heiligen Franziskus.

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Die Flucht von Klara von Assisi

Ihre Flucht blieb nicht unbemerkt. Ihre Familie versuchte, sie gewaltsam zurückzuholen. Als ihre männlichen Verwandten ihren kahlgeschorenen Kopf sahen, erkannten sie die Unwiderruflichkeit der Entscheidung. Klaras radikaler Schritt war im Mittelalter ein kraftvolles Zeichen weiblicher Selbstermächtigung. „Sie muss eine spirituell sehr sensible junge Frau gewesen sein“, sagt die Theologin Martina Kreidler-Kos, Mit-Autorin des Buches „Klara von Assisi. Freundin der Stille – Schwester der Stadt“. Klara habe die Vision gehabt, sich nicht verheiraten zu lassen, sondern einen religiösen Weg zu gehen.

Franziskus unterstützte Klara

Unterstützt von Franziskus zog Klara in das Kloster San Paolo, wo sie als Magd arbeitete. Ihre Schwestern Katharina und Agnes, ihre Mutter und weitere Freundinnen folgten ihr nach und nach. Gemeinsam mit anderen Frauen, die den Lebensentwurf von Franziskus teilen wollten, gründete Klara eine Gemeinschaft in San Damiano bei Assisi. Hier lebten sie in radikaler Armut. „Die Idee, unabhängig von männlicher Versorgung zu leben und ganz auf Gott zu vertrauen, war damals revolutionär“, betont Kreidler-Kos. Tatsächlich musste Klara hart kämpfen, um ihre Ideale durchzusetzen. Erst zwei Tage vor ihrem Tod verlieh ihr der Papst das Privileg für ihre selbst entworfene Ordensregel.

Mit der Monstranz gegen die Sarazenen

In San Damiano verfasste Franziskus seinen Sonnengesang, in dem er wohl auch Klara und ihre Mitschwestern besang. Klara lebte radikal asketisch, aß an drei Tagen der Woche nichts und war ab 1224 fast ständig bettlägerig. Dennoch wuchs ihre Gemeinschaft. Noch zu Klaras Lebzeiten entstanden in Europa über 100 Frauengemeinschaften, die sich auf sie beriefen. Klara war nicht nur eine spirituelle Leitfigur, sondern auch eine mutige Verteidigerin ihrer Gemeinschaft. Als 1240 und 1241 sarazenische Truppen die Mauern ihres Klosters erstiegen, ließ sich die schwer kranke Klara vor die Pforte tragen und hielt die Monstranz empor. Diese Geste veranlasste die Angreifer zur Flucht.

„Herr, ich danke dir, dass du mich erschaffen hast“, sollen ihre letzten Worte gewesen sein. Zwei Jahre nach ihrem Tod wurde Klara heiliggesprochen. Ihr Leib ruht unverwest in der Santa-Chiara-Kirche von Assisi, die beim jüngsten Erdbeben schwer beschädigt wurde, aber inzwischen wieder geöffnet ist. Klara von Assisi wird heute neu entdeckt. Insbesondere Frauen bewundern ihre sensibel-mutige Art, trotz vieler Widerstände eine eigene Form der Jesusnachfolge zu leben. Rund 750 Klarissinnen-Klöster gibt es heute weltweit. 

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Autor:
  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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