Der kleine König in unseren Kirchen

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Triumphal und doch sanft begegnet uns das Prager Jesulein aus der Barockzeit in der Kirche St. Josef in Wien-Leopoldstadt. ©Referat für Kunst- und Denkmalpflege der EDW

Die Verehrung der Menschwerdung Gottes, der in Jesus als Kind auf die Welt gekommen ist, hat sich in der Geschichte in vielfacher Weise geäußert. Eine besondere ist jene des Prager Jesuleins, das heute auf der ganzen Welt verehrt wird. Was das Besondere am Prager Jesusknaben ist, erzählt uns Pater Marek Puc̃alík, der Rektor der Karlskirche in Wien und Provinzial des Ritterordens der Kreuzherren mit dem Roten Stern. Auch in den Kirchen unserer Erzdiözese gibt es außergewöhnliche Nachbildungen der Gnadenstatue.

Gott kommt als kleines Kind in diese Welt. Die Kernbotschaft von Weihnachten gibt im Grunde Rätsel auf: Wie kann es sein, dass der allmächtige Gott und Erlöser der Welt als hilfloser Säugling in diese Welt gelangt? Wie passen göttliche Allmacht und kindliche Ohnmacht zusammen? Wie gehen wir Katholiken an diese Botschaft heran? Ein besonderer Zugang zum Jesuskind ist die Verehrung des „Prager Jesuleins“.

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Große Verehrung des kleinen Jesus

Schon Kirchenväter wie Athanasius oder Hieronymus hatten das Gotteskind verehrt. Zu den großen Verehrern des Jesuskindes gehörten auch Bernhard von Clairvaux, Franz von Assisi und Antonius von Padua. Nicht zuletzt waren es die spanischen Karmeliten und hier besonders Teresa von Avila, die eine besondere spirituelle Beziehung zum Jesuskind lebten. In Spanien stieß diese Frömmigkeitsform auf großen Widerhall. Von hier aus gelangte die Verehrung des Jesuskindes nach Prag, wo das „Prager Jesulein“ seit dem 16. Jahrhundert von Gläubigen aufgesucht wird.
„Das Prager Jesuskind gilt als Geschenk der heiligen Teresa von Avila an eine spanische Adlige und gelangte als Hochzeitsgeschenk für deren Tochter nach Prag“, erzählt Pater Marek Puc̃alík, der Rektor der Karlskirche in Wien, im Gespräch mit dem SONNTAG. Marek Puc̃alík ist Provinzial des Ritterordens der Kreuzherren mit dem roten Stern. Er pendelt zwischen Wien und Prag. Dort unterrichtet er als Assistenz-Professor Kunstgeschichte an der Karls-Universität. In Prag hat auch seine Ordensgemeinschaft ihren Hauptsitz. „1733 übergab Kaiser Karl VI. die Seelsorge an der Karlskirche in Wien unserem Orden“, erzählt er von der bis heute gelebten religiösen Verbindung zwischen Wien und Prag.

Die Verehrung des Prager Jesuleins ist dem gebürtigen Tschechen und Ordensmann vertraut. „Die spanische Herzogin Maria Manrique de Lara erhielt bei ihrer Verheiratung mit dem böhmischen Adeligen Vojtech von Pernstejn eine Statue des kleinen Jesus von ihrer Mutter als Mitgift. Ihre Tochter Polyxena von Lobkowitz schenkte das Jesulein 1628 dem Kloster der unbeschuhten Karmeliten bei der Kirche Sancta Maria de Victoria in Prag.“ Schon seit 1628 werde es dort in der Kirche verehrt.
„Das Prager Jesulein ist sehr beliebt. Ein Prager Professor in Amerika sagte einmal zu mir: Wir Prager  waren nicht sehr katholisch, aber wenn es uns schlecht ging, sind wir immer zum Prager Jesuskind gegangen und haben dort gebetet“, berichtet Pater Marek Puc̃alík.

Jesuskind mit Jeans und Königsmantel

Ein altehrwürdiger Brauch ist es, dem Jesulein Gewänder zu schenken. Von alters her wurde das Prager Jesulein eingekleidet. Die ursprünglich spanische Tradition verbreitete sich auch in Prag und Pilger schenkten dem Jesuskind aus Dank für Gebetserhörungen kleine Kleidchen. „Eine große Verehrerin des Jesuleins war Kaiserin Maria Theresia. Sie schenkte dem Prager Jesulein ein Kleid mit einem Stück Stoff aus ihrem Krönungsmantel, das sie persönlich mit Stickereien verzierte.“
Heute wird das Prager Jesuskind weltweit verehrt, besonders in Italien und auf den Philippinen. 1,5 bis 2 Millionen Pilger kommen jährlich aus der ganzen Welt nach Prag, um vor dem Jesulein zu beten. Pater Marek: „Auf den Philippinen hat jede Familie ein Prager Jesulein zu Hause und bekleidet es, z. T. sogar ganz modern mit Jeans.“

Prager Jesulein in unseren Kirchen

Die große Verehrung des Prager Jesuleins in der Barockzeit bewirkte zahlreiche Nachbildungen der als wundertätig geltenden Statue. Auch in Kirchen unserer Erzdiözese wird das Prager Jesulein verehrt. So begegnen wir dem „kleinen sanften Herrscher“ in Form einer Statue aus der Barockzeit in der Kirche St. Josef in Wien-Leopoldstadt. Spätere Darstellungen gibt es z. B. in der Kirche Herz Jesu in Wien-Floridsdorf, in St. Jakob in Kaltenleutgeben, in Angern an der March oder in Wiener Neustadt Neukloster.  
Eine Nachbildung des Prager Jesuleins gibt es auch in der Wiener Karlskirche. „Sie wird jeden Tag von Gläubigen besucht“, weiß Marek Puc̃alík. Was bedeutet es für uns Gläubige, Jesus als Kind,  besonders zu Weihnachten, zu verehren? Dazu meint Pater Marek: „Gott ist Kind geworden. Niemand hat Gott gesehen. Durch sein Kindsein kommt er uns nahe. Wir alle mögen kleine Kinder. Gott kam als kleines Kind in diese Welt, um die Welt zu retten. Ein Kind als Herrscher, das ist sympathisch.“ Das Prager Jesulein kann uns inspirieren, uns dem göttlichen Kind vertrauensvoll anzunähern.

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  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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