„Auf einmal war Kraft da“

Glaubenszeugnis
Ausgabe Nr. 27
  • Österreich
Autor:
Herausforderung und Stärkung: Familie Hemberger vor dem Unfall ihres ältesten Sohns Nikolaus (2. von rechts mit Krawatte und Sonnenbrille). Die Eltern und Kinder haben viel erlebt und Kraft gespürt. ©privat

Stephan Hemberger, 45, aus der Pfarre Döbling-Sankt Paul ist im Neokatechumenalen Weg beheimatet. Vor einiger Zeit hat ein Schicksalsschlag seine Familie vor große Herausforderungen gestellt.

Der Neokatechumenale Weg versteht sich als Glaubensweg, auf dem die Mitglieder schrittweise an die Inhalte des Glaubens herangeführt werden. Der sonntägliche Gottesdienst findet meist am Samstagabend statt. 

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Herr Hemberger, Sie beschreiben die Anfänge Ihrer Glaubensbiographie als aufregende Zeit. Damals waren Sie ein kleines Kind. Was war so aufregend? 

Meine Mutter* hat den Glauben erst entdeckt, als ich ein Kind war. Sie hat mich und meine Schwester damals mit zu Gemeinschaftstagen und zur heiligen Messe am Samstagabend genommen. Wir durften länger aufbleiben, auf einmal waren viele Glaubensgeschwister da – das war spannend. Auch die Osternacht war ein besonderes Highlight. Sie startete erst um Mitternacht und dauerte bis vier, fünf in der Früh. Wir waren also die ganze Nacht wach, das war sehr besonders.  

Wenn Gott durch Fakten spricht

Sie wurden zusammen mit Ihrer Mutter  und Ihrer Schwester getauft, als Sie vier Jahre alt waren, und waren von Beginn an im Neokatechumenat beheimatet. Bis heute ist das Ihre geistliche Heimat. Was schätzen Sie daran besonders?

Ich war elf Jahre alt, als mein Vater gestorben ist. Damals war mir die Gemeinschaft – wir treffen uns im Neokatechumenalen Weg in kleinen Gemeinschaften zu je etwa 30 Leuten – eine große Stütze. Heute schätze ich am Neokatechumenalen Weg die Möglichkeit, die täglichen Erfahrungen in der Arbeit oder der Familie im Licht des Wortes Gottes zu betrachten. Wir teilen bei unseren Treffen unsere Erfahrungen miteinander. Das regt mich an, darüber nachzudenken, was Gott mir mit dem, was mir widerfährt, sagen will. Ich habe dabei gelernt, dass Gott durch Fakten zu mir spricht, auch durch die Herausforderungen und Spannungen in meinem Leben. Ich weiß, dass Gott mich liebt. Auch wenn ich eine Situation nicht sofort verstehen kann, versuche ich, dankbar zu sein.  

„Gott ist nicht immer so, wie wir es uns vorstellen.“

Das sagt sich leichter, wenn im Leben alles seine gewohnten Bahnen nimmt. Ihre Familie war vor Kurzem mit einer großen Herausforderung konfrontiert. Ihr ältester Sohn hatte einen schweren Unfall … 

… und seitdem sitzt er im Rollstuhl. Das ist natürlich eine unglaubliche Einschränkung für ihn und war für uns alle ein großer Schock. Ich kann rückblickend sagen: Auf einmal war Kraft da, die mir geholfen hat, uneingeschränkt für ihn da zu sein. Was mich sehr beeindruck hat: Am Tag des Unfalls haben die Brüder und Schwestern aus unserer Gemeinschaft ein Gebet in der Kirche veranstaltet. Ich erinnere mich, dass ich aus dem Spital direkt in die volle Kirche gekommen bin. Es gab eine unglaubliche Bereitschaft, für unseren Sohn zu beten. Wir Eltern haben uns dadurch sehr getragen gefühlt. Das Gefühl der Dankbarkeit, in dieser Gemeinschaft zu sein, war sehr groß. Auch für unseren Sohn, der viel Besuch bekommen hat. Auch wenn natürlich ein großes Fragezeichen bleibt, warum das passiert ist, sehe ich deutlich, wie Gott uns durch das Gebet der anderen, aber auch ganz konkret unterstützt.    

Wie sah diese Unterstützung aus?

Es war klar, dass unsere Wohnung für unseren Sohn nicht geeignet war, damit er barrierefrei und selbstständig leben kann. Ich habe also eines Tages bei unseren Nachbarn geklopft, die eine kleine Wohnung nebenan bewohnen, und ihnen von dem Unfall erzählt. Ich habe gesagt: Ich will euch nicht nur informieren, ich habe auch eine Bitte: Wir bräuchten eure Wohnung. Den Nachbarn war die Wohnung ohnehin schon zu klein, und sie nahmen unser Anliegen zum Anlass, sich etwas Neues zu suchen. Zwei Monate später haben sie etwas gefunden. Nikolaus wohnt jetzt direkt neben uns und doch für sich allein. Das hat mir gezeigt: Gott ist nicht immer so, wie wir es uns vorstellen. 

Autor:
  • Sandra Lobnig
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