Rosen öffnet unser Herz

Ein Fest für die Sinne
Ausgabe Nr. 2
  • Leben
Autor:
Apothekerrose ©Juliane Daniel

Im Frühsommer entfaltet sich die Pracht der Rosen, die mit ihren Farben unsere Sinne ansprechen. Juliane Daniel, Apothekerin und Kräuterpädagogin, erzählt uns von ihrer großen Leidenschaft für Rosen und gibt Einblicke in die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten dieser alle Sinne ansprechenden Blumen.

Ein Spaziergang entlang der Ringstraße im frühlingshaften Wien führt nicht nur an architektonischen Prachtbauten vorbei, sondern auch an so manchem gärtnerischen Juwel. Eine solches ist der Volksgarten mit seinem berühmten Rosarium. Schon jetzt recken sich zahlreiche Rosen dem Licht entgegen und beeindrucken mit ihrer Farbenvielfalt von zartem Rosa über leuchtendes Gelb bis zu kräftigem Rot. Ihr Duft lockt Bienen und Schmetterlinge an. Auch Menschen fühlen sich von Rosen, ihren samtig weichen Blättern und ihrem Duft angezogen. Hier, inmitten der Großstadt, können Besucher einen Moment innehalten und mit allen Sinnen die erwachende Natur genießen.

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Rosen als Leidenschaft und Berufung

Ich spreche mit Juliane Daniel. Sie ist Apothekerin und Kräuterpädagogin und pflegt seit mehreren Jahren eine leidenschaftliche Beziehung zu Rosen. „Seit meiner Ausbildung zur Kräuterpädagogin fesselt mich das Thema Rosen mehr und mehr“, erzählt sie. Die Pharmazeutin nützt jede Gelegenheit, botanische Gärten und Rosarien zu besuchen. „Ich bin einfach begeistert von der Vielfalt der Rosen und den Dufterlebnissen. Die Rose öffnet wirklich mein Herz“, bekennt sie.

Für ihre Facharbeit zur Kräuterpädagogin wählte Juliane Daniel die heimischen Wildrosen als Thema – oder besser gesagt: „Die Wildrosen erwählten mich als ihre Fürsprecherin. Ihre zarten Blüten, die im Vergleich zu den gefüllten Edelrosen fast unscheinbar sind, blühen nur in einem kurzen Zeitfenster von Anfang Mai bis Anfang Juni“, ermutigt Daniel, im Frühling mit offenen Augen unterwegs zu sein. „In dieser Zeit überschlägt sich die Natur mit ihrer Blütenpracht und Vielfalt, sodass man die heimischen Wildrosen leicht übersieht.“ Typisch unter den Wildrosen in Mitteleuropa ist die Hundsrose, die mit zartrosa Blüten und knallroten länglichen Hagebutten viele Naturgärten bereichert. Eine weitere Wildrose, die Feldrose, ist mit weißen Blütenblättern ausgestattet und häufig an Wegen oder Waldrändern anzutreffen. „Bekannt ist auch die Bibernellrose. Die erkennt man im Herbst sehr gut, weil sie dann tatsächlich im Gegensatz zu den anderen Wildrosen schwarze Hagebutten trägt, die man aber genauso verwenden kann“, schildert Juliane Daniel.

„Wildrosen werden gerne in der Heilkunde verwendet als Tee aus den Hagebutten oder den Blütenblättern, die viele Gerbstoffe enthalten.“

Juliane Daniel

 

Rosen - Harmonisierend, herzöffnend, ausgleichend

Mit der Kupferdestille wird pflegendes Rosenwasser erzeugt.
Mit der Kupferdestille wird pflegendes Rosenwasser erzeugt. ©Juliane Daniel

Die Apothekerin besitzt eine Kupferdestille, um Rosenwasser herzustellen. „Beim Destillieren wird in einem großen Topf Wasser mit frischen Rosenblüten erhitzt. Der aufsteigende Dampf wird in einem Helm aufgefangen, durch ein Kühlsystem abgekühlt und als Kondensat gesammelt. Das Ergebnis ist ein Rosenhydrolat oder Rosenwasser, das auch etwas ätherisches Öl enthält“, erklärt sie. Rosenwasser wirke entzündungshemmend, abschwellend und besonders hautpflegend. „Der Duft ist wunderbar entspannend und wohltuend.“ Ob Wildrose oder Gartenrose: Rosen lassen sich vielfältig verwenden. „Man kann die Rosenblüten trocknen und einen Tee machen.“ Dieser kann eine schmerzstillende und stimmungsaufhellende Wirkung entfalten. „Oder man kauft das ätherische Rosenöl, das eines der teuersten Öle ist. Rosenöl ist ein Allheilmittel. Es wirkt harmonisierend, herzöffnend und ausgleichend. Es ist in einem Körperöl aufgetragen eine wunderbare Hautpflege, gerade bei Entzündungen“, schildert die Pharmazeutin. Immer häufiger kommen Rosenblütenblätter auch in der Küche zum Einsatz: zum Beispiel in Form von Rosenblütensalz, Rosenzucker, Sirup aus Rosenblüten oder Rosengelee.

Was uns Rosen lehren

Die Inhaltsstoffe und der Duft der Rosen entfalten ihre wohltuende Wirkung auf Körper und Geist. Aber auch das Anschauen einer Rose könne etwas in uns auslösen, meint Juliane Daniel: „Die Rose ist bekannt als Symbol der bedingungslosen Liebe. Wenn man eine Rose betrachtet, dann strahlt sie vor ästhetischer Schönheit und königlicher Anmut. Wenn ich vor einer Rose stehe, lehrt sie mich, dass ich mich selbst lieben soll und eine Würde habe, die ich wahren sollte. Wenn man dann näher in Kontakt kommt und die Stacheln spürt, kann uns das zeigen, dass man trotz dieser Würde, Selbstliebe und der Liebe, die man in diese Welt bringt, seine eigenen Grenzen schützen muss.“

Auf die Frage nach ihren Lieblingsrosen antwortet Rosenexpertin Juliane Daniel: „Die Lieblingsrosen sind die Damaszener Rosen. Sie kommen aus dem Orient und sind die Rosen, aus denen man auch das ätherische Rosenöl gewinnt. Dieses ist bekannt für seinen wohltuenden balsamischen Rosenduft.“ Ebenso aus dem Orient stammen die Essigrosen: „Das sind Wildrosen, die auch einen sehr intensiven Duft haben, aber nicht ganz so schwer wie der Duft der Damaszener Rosen.“ Als besonderen Tipp legt uns Juliane Daniel die Rose de Resht ans Herz: „Das ist eine Rose, die wunderbar pflegeleicht ist und deren Blütenblätter einen herrlichen Duft haben. Mit der Rose de Resht lassen sich tolle Sachen machen wie eben zum Beispiel Rosensirup, Rosenzucker, Badesalz oder Körperöle.“ 

Wenn es Rosen regnet

Rosen spielen in religiösen Zeremonien immer wieder eine Rolle. „Eine der außergewöhnlichsten Traditionen ist sicher der Regen roter Rosenblätter zu Pfingsten im Pantheon in Rom“, beschreibt Juliane Daniel. Das Pantheon ist ein beeindruckender antiker Tempel, der ursprünglich den römischen Göttern gewidmet war. Das Besondere ist seine riesige Kuppel mit einem kreisrunden Loch in der Mitte, dem sogenannten „Oculus“, durch das Licht in das Gebäude fällt. Heute dient das Pantheon als Kirche und ist der heiligen Maria und allen christlichen Märtyrern geweiht. Jedes Jahr zu Pfingsten werden während der Messe Tausende von roten Rosenblättern durch das kreisrunde Loch in der Kuppel herabgeworfen.

Diese Blütenblätter fallen auf die versammelte Menge, während der Chor den Pfingst-Hymnus „Veni creator spiritus“ („Komm, Heiliger Geist“) singt. „Die roten Rosenblütenblätter symbolisieren die Feuerzungen des Heiligen Geistes, die Zungen, die in allen Sprachen sprechen“, erläutert Juliane Daniel. Sie fügt an: „Ich hoffe, dass ich das eines Tages, wenn es nicht so heiß ist, zu Pfingsten nach Rom schaffe und es miterlebe!“ 

Symbolik der Rosen

In der Lauretanischen Litanei, einem jahrhundertealten Mariengebet bestehend aus einer Reihe von Bitten und Anrufungen, wird die Muttergottes mit „Du geheimnisvolle Rose“ angerufen. Zwischen der Jungfrau Maria und den Rosen bestehe eine enge symbolische Verbindung, erklärt Juliane Daniel: „Ich vermute, dass die Menschen Maria Attribute antiker Göttinnen übertragen haben – insbesondere das Attribut, dass sie für die bedingungslose Liebe steht. Man begann dann im Maienmonat, der ja auch der Monat der Fruchtbarkeit ist – die Natur erwacht, sie blüht, sie explodiert – Marienstatuen mit Blumengirlanden zu schmücken." Sie führt aus: „In der Kunst und Literatur steht die Rose generell für die Liebe – Maria wird oftmals deshalb auch mit Rosen abgebildet. In der Kunstgeschichte gibt es viele Darstellungen von ,Maria im Rosenhag‘ (Maria in der Rosenhecke), meistens mit weißen Rosen. Dieser Rosenhag, der schützend um Maria ist, steht für ihre Jungfräulichkeit.“
 

Dornen und Blüten der Rosen – der Kreislauf des Lebens

Die Rose kann als ein Symbol für den Kreislauf des Lebens betrachtet werden: „Leben geht nicht ohne Tod. Aber nach dem Tod kommt wieder ein Leben. Es gibt den Winter, wo wir nur die Dornen sehen und es kommt immer ein Frühjahr, wo wir dann die Blüten sehen“, sagt Juliane Daniel und fügt hinzu: „Die Rose ist einfach eine sehr imposante Pflanze, voll Schönheit und Eleganz. Sie hat die Menschen seit jeher in den Bann gezogen und beflügelt. Deshalb haben sie die Rose wahrscheinlich für sich auserwählt, um ihre Gärten zu schmücken und ihre Gefühle auszudrücken.“

Fürsprecherin der Rosen

Juliane Daniel liebt die Rosen und tritt für sie ein. „Ich sehe mich als Fürsprecherin für heimische Rosen und würde mich freuen, wenn man in den Gärten, wenn Platz ist, mehr Wild­rosen pflanzt.“ Die Apothekerin empfiehlt besonders die Sorte „Pillnitzer Rose 3“: „Diese wurde damals noch in der DDR gezüchtet. Die Hagebutten dieser Sorte enthalten sehr viel ­Vitamin C.“ Der Wert von Wildrosen liege auch in ihrer Schönheit: „Wildrosen machen sehr viel Freude und sind auch im Herbst eine Augenweide, wenn die roten Früchte zu sehen sind. Die Hagebutten können bis weit in den Winter rot an den Zweigen leuchten, wenn bereits der Frost über die Sträucher zieht.“

Juliane Daniel ist überzeugt, dass die Rose ein wahres Geschenk der Schöpfung ist. „Die Rose lehrt uns, innezuhalten und die Schönheit des Augenblicks zu schätzen“, sagt sie. Das wissen auch die Besucherinnen und Besucher des Volksgartens, die mitten unter den blühenden Schönheiten die Hektik des Alltags für einen Moment hinter sich lassen. 

©Privat/Juliane Daniel

Juliane Daniel

ist ­Apothekerin und zertifizierte Kräuterpädagogin. Zu Hause in Bayern teilt sie ihr Pflanzenwissen regelmäßig in Workshops. Ihr mit Nadine Stegelmeier ­verfasstes Buch „Marias heilige Kräuter. Mit Marienpflanzen durch das Jahr“ ist bei Camino erschienen.

Autor:
  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer
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